SPD-Manifest könnte eine Chance sein, den Weg zum großen europäischen Krieg zu stoppen

In einem Manifest haben etwa 100 SPD-Mitglieder und SPD-nahe Politiker und Wissenschaftler gefordert, die Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle und Verständigungspolitik zu erreichen. Zu den Initiatoren gehört Rolf Mützenich, der noch bis Februar dieses Jahres Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion war. Ein weiterer prominenter Name ist der von Ralf Stegner, der bis 2021 SPD-Fraktionsvorsitzender in Schleswig-holsteinischen Landtag war. Beide sind derzeit Bundestagsabgeordnete.

Das Manifest fordert die möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine durch eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten. Die Unterstützung der Ukraine müsse mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität verknüpft werden. Auf dieser Grundlage müsse man ins Gespräch mit Russland zu kommen, auch über eine von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa.

Das Manifest fordert einen Stopp des Rüstungswettlaufs. Europäische Sicherheitspolitik dürfe sich nicht am Prinzip der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung orientieren. Für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe es keine sicherheitspolitische Begründung.

Eine am BIP orientierte Prozentzahl der Ausgaben für militärische Zwecke festzulegen, sei irrational. Man brauche dringend mehr finanzielle Mittel für Investitionen in Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, von denen in allen Ländern Menschen mit geringen Einkommen überdurchschnittlich betroffen seien.

Die Stationierung von weitreichenden, hyperschnellen US-Raketen-Systemen in Deutschland würde unser Land zum Angriffsziel der ersten Stunde machen.

Die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung nach Art. 6 des Atomwaffensperrvertrags müsse erneuert werden. Gleichzeitig gelte es auf die Erneuerung des 2026 auslaufenden New Start-Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen und auf neue Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung, Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Diplomatie und Abrüstung in Europa zu drängen.

Die Unterzeichner drängen auf die schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Globalen Südens insbesondere auch zur Bekämpfung der gemeinsamen Bedrohung durch die Klimaveränderungen. Deutschland und die EU dürften sich nicht an einer militärischen Eskalation in Süd-Ost-Asien beteiligen.

Es gab schon öfter Initiativen von SPD-Mitgliedern für Abrüstung, die versuchten, die Partei Willy Brandts an deren große Rolle in der Entspannungspolitik zu erinnern.

In den Jahren 2019 bis 2021 – also vor dem Ukrainekrieg - versuchten SPD-Mitglieder ihre Partei dazu zu bringen, sich gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen auszusprechen. Die USA hatten bis 2021 in Afghanistan unzählige Menschen mit Drohnen gezielt ermordet. Diese Initiative blieb erfolglos.

Einige der jetzigen Unterzeichner unterstützten auch schon die Initiativen von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.

Welchem Konformitätsdruck die Abgeordneten in der SPD ausgesetzt sind, zeigt sich daran, dass Mützenich und Stegner erst jetzt, wo sie nicht mehr im Zentrum der entscheidenden Gremien der Partei stehen, für eine Friedenspolitik aussprechen. Vorher haben sie sich zwar auch für Diplomatie und gegen die Lieferung von schweren Angriffswaffen in die Ukraine ausgesprochen, aber wesentlich verhaltener.

Ein prominentes Opfer solchen Parteidrucks gab es schon 1914, als Karl Liebknecht sich bei der Abstimmung über die damaligen Kriegskredite der Fraktionsdisziplin beugte.

Der Druck auf die Unterzeichner des Manifestes ist heute auch wieder immens. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Sebastian Fiedler, zeigte sich "irritiert, verstört und verärgert", dass „sogar von Zusammenarbeit mit Russland die Rede, also mit einem Kriegsverbrecher“ sei. Der Chef-Pöbler der CDU, Roderich Kiesewetter, findet das Manifest "ungeheuerlich" und sagte, damit liefere man die Ukraine "der Vernichtungsabsicht Russlands" aus.

Matthias Miersch, der als so genannter Vertreter der SPD-Linken den Posten des Fraktionsvorsitzenden bekommen hat, kommentiert mit einer Lüge: Diplomatie bleibe zwar oberstes Gebot, "aber wir müssen auch ehrlich sagen: Viele Gesprächsangebote - auch von Bundeskanzler Olaf Scholz - sind ausgeschlagen worden. Wladimir Putin lässt bislang nicht mit sich reden."

Tatsächlich hat es von Deutschland und der EU keine Gesprächsangebote gegeben, sondern nur Maximalforderungen, die mit Sanktionen gekoppelt waren. Aber dass die Kriegsverlängerer mit redlichen Argumenten arbeiten, haben wir seit 2022 auch noch nicht erlebt.

Und genau das ist der eigentliche Inhalt des SPD-Manifestes: Die Kriegsgefahr ist real gestiegen und das Geld, das für die Rüstungssteigerung ausgegeben wird, fehlt an allen Enden. Beenden kann man diese Politik nur, indem man verhandelt und dabei die Interessen aller Seiten berücksichtigt werden.

Das SPD-Manifest braucht Unterstützung von den Bürgern, damit es nicht einfach eine weitere folgenlose Wortmeldung bleibt. Die Kriegspolitiker aller Parteien müssen mit den einfachen, logischen und verständlichen Forderungen des Manifestes konfrontiert werden. und Lügen á la Miersch und Kiesewetter und Konsorten darf man ihnen nicht weiter durchgehen lassen. [jdm]

Juni-Ausgabe des „Ausdruck – Das IMI-Magazin“ erschienen

Ausdruck-das IMI-Magazin von Juni 2025

Die Informationsstelle Militarisierung e. V. hat die Juni-Ausgabe des "Ausdruck - Das IMI-Magazin" herausgebracht. Es hat den Schwerpunkt: Kriegswirtschaft.

Die Themen im Einzelnen sind:
Zum Begriff der Kriegswirtschaft (Sebastian Thome)
„Ermächtigungsgesetz“ für die Kriegsindustrie, Historische Widerworte (Peter Bürger)
Kriegskasse und Rüstungsbudget (Andreas Seifert)
ReArm Europe – Weißbuch der Kriegswirtschaft (Özlem Alev Demirel)
Umstellung auf „Kriegswirtschaft“ – ein Blick nach Frankreich (Sven Wachowiak)
Roter Teppich für die Rüstungsindustrie (Andreas Seifert und Jürgen Wagner)
System of Systems – wie Rüstungslobby wirkt (Philip Steeg)
Von der Green Economy zur War Economy? – Waffen als Wachstumsmodell (Jürgen Wagner)
Von Zügen zu Panzern – zur Gegenkonversion (Martin Kirsch)
Mit einer Billion Euro in den Krieg, „whatever it takes“ (Tobias Pflüger)
Koalitionsvertrag der Aufrüster (Tobias Pflüger und Jürgen Wagner)
A 20 – Autobahnbau zur „NATO-Ostflanke“ (Ursula Trescher und Hermann König)
Beispiel „Drohnenwall“ – Aufrüstung und Kontrollverlust (Christoph Marischka)
Lettlands Weg in die Militarisierung (Udo Bongartz)
Kampf um Grönland – Zwischen dänischer Assimilation und US-Annexion (Ben Müller) [jdm]

NDR stimmt auf Kriegsschiffbau bei der Meyer Werft ein

Kaum ein Tag vergeht, an dem der NDR sich nicht bemüht, zur Kriegstüchtigkeit in Deutschland beizutragen. So wird im NDR Info Podcast „Streitkräfte und Strategien“ den Hörern die Notwendigkeit der Kriegsbereitschaft erläutert, und selbstverständlich bildet der russische Angriffskrieg in der Ukraine den Schwerpunkt des Angebotes.Nun sollen die Mitarbeiter der Meyer Werft mit Arbeitsplätzen gelockt werden.

Doch die Werft ist noch bis 2030 ausgelastet. Trotzdem beklagt der NDR in einem Beitrag auf seiner Homepage, dass die Entscheidung über den Eintritt in die Kriegsproduktion erst im kommenden Jahr fallen solle. Angeblich ist die Arbeitnehmervertretung bereits jetzt auf den Kurs eingerichtet – „besser Arbeit haben, als keine Arbeit haben“, sei dort die Position.

Diese einfache Logik verbreitet der NDR offenbar gern. „Besser Arm dran, als Arm ab“, wäre sicherlich auch für die NDR-Redaktionen logisch, denn der Spruch hätte das gleiche Niveau.

Bleibt abzuwarten, wie sich die Gewerkschaften zum Kriegsschiffbau positionieren. Bei Antikriegsveranstaltungen in der Region – beispielsweise auf der Begräbnisstätte Esterwegen oder bei Kundgebungen zum Tag der Arbeit – zeigen sich die dem DGB zuzuordnenden Teilnehmer in der Regel als Aufrüstungsgegner. Hoffentlich bleiben sie standhaft, wenn das Arbeitsplatzargument stärker in die Diskussion rückt. [HM/erstveröffentlicht auf gruenealternative.de/form-d]

Wenn sich der Ex-Zivi, der gern an der Rüstung verdienen möchte, als Reservist beim Bund meldet

Um die Kampagne der Bundesregierung für die Wehrpflicht zu pushen, veröffentlichte die Ems-Zeitung heute einen DPA-„Bericht“, wonach es ein Trend sei, dass bisherige Kriegsdienstverweigerer ihre Verweigerung zurücknehmen würden.

In den Mittelpunkt wird Thomas Hüser gestellt, dessen persönliche Motivation referiert wird. Ein Bundeswehrsprecher wird zitiert, der nicht glaubt, dass dies für Hüser angesichts seines Alters noch praktische Konsequenzen hat. Hüser teilt mit, dass sein Konzernvorstand in der Schweiz ihn dabei unterstütze. Hüser ist Chef der Zinkhütte in Nordenham. Die Zinkhütte gehört zum Glencore-Konzern. Dass dessen Vorstand ihn unterstützt, verwundert nicht. Glencore ist der weltweit größte Rohstoffhändler und betreibt weltweit Bergwerke.

Glencore wird vorgeworfen, in kolumbianischen Kohlebergwerken skrupellos gegen Gewerkschaftsmitglieder vorzugehen. 2008 behauptete ein kolumbianischer Paramilitär, der Gewerkschafter tötete, von Glencore finanzielle Unterstützung zu erhalten. Der Entwicklungsdienst Brot für alle kritisierte die Unternehmensmethoden im Kongo als Raubbau und Ausbeutung der Bergarbeiter. Glencore ist weltweit an Korruption und Steuerhinterziehung beteiligt.

Hüsers Zinkhütte in Nordenham erzeugt Zink und Blei. Beide Rohstoffe sind für die Waffen- und Munitionsherstellung relevant. Und wenn die Bundesregierung plant, fast die Hälfte des Bundeshaushaltes für Waffen auszugeben, möchte der potentielle Zulieferer der Rüstungsindustrie vermutlich gern dabei sein.

Auch die zweite Person im NOZ/DPA-„Bericht“ ist alles andere als ein durchschnittlicher Kriegsdienstverweigerer. Henner Pasch, der Präsident der IHK in Wuppertal, unterstützt gerade politisch ein weiteres Lieblingsprojekt der CDU: die Kampagne zur Denunzierung der Arbeiterklasse als faul. Pasch forderte bei einem Empfang der IHK eine „Agenda der Fleißigen“. Er sagte, der Staat müsse mehr Politik für die Leistungsträger der Gesellschaft machen. Leistungsträger sind natürlich nicht die Arbeiter, sondern die Reichen. Auch eine billige Breitseite gegen den Öffentlichen Dienst darf bei ihm nicht fehlen. Er forderte „mindestens einen Einstellungsstopp“ im öffentlichen Dienst.

Die Kriegs- und antisoziale Politik der Bundesregierung sind dem Herrn Pasch die Pose eines Kämpfers für die Demokratie wert. Wie wichtig er sich selbst einschätzt, lässt sein Zitat erahnen: „Wenn wir angegriffen werden, kann ich mit meiner Führungserfahrung und mit meinen 11.000 Kontakten im Handy helfen.“ [jdm]

Don´t Assume. You may make an ASS out of U and ME

Zielscheibe mit Geld und einem Opfer

(Überschrift: Treffe keine Annahmen. Du könntest dich und mich zum Arschloch machen)

Der Ukraine-Krieg dauert jetzt über drei Jahre, und ein Ende ist nicht abzusehen. Die russische Seite hat ihre Kriegsanstrengungen intensiviert. Der Westen will nachziehen und die Ukraine (nun doch) mit weitreichenden Luftangriffssystemen wie den deutschen Flugkörper „Taurus“ ausrüsten. Eine politische Lösung durch Verhandlungen scheint in weite Entfernung gerückt. Man setzt auch in Deutschland auf Krieg. Die einzigen, die eine Veränderung in dieser Haltung bewirken könnten, wären die Bürger. Dass das in einer Demokratie möglich ist, hatte der amerikanische Vietnamkrieg gezeigt. Der Aufstand der Bürger in den USA gegen den Krieg hatte die Nixon-Regierung gezwungen, mit dem „bösen“ Gegner, dem kommunistischen Nordvietnam, zu verhandeln. Die Anti-Kriegsbewegung hatte auch bei uns Hunderttausende von Menschen auf die Straße gebracht. Heute gibt es keine Kriegsgegner, die demonstrieren.

Öffentlichkeit und die politische Klasse bei uns sind im Schulterschluss, wenn es darum geht, die russische Aggression in der Ukraine durch Krieg zu beenden. Ursache dieses unheilvollen Bündnisses ist die mediale Berichterstattung über den Krieg. Man bedient sich Annahmen, anstatt sich um eine faktische Darstellung zu bemühen. Die Killer-Annahme ist die, dass man Putin unterstellt, er wolle die Ukraine erobern, um dann Europa militärisch zu bedrohen. Was Herrn Putins Absichten waren, als er in die Ukraine einmarschiert ist, darüber wird in bestimmten Foren durchaus kontrovers diskutiert und soll in diesem Artikel nicht das Thema sein. Mir geht es auch nicht darum, die Unrechtmäßigkeit des Einmarsches weichzuspülen. Er war ein Bruch des Völkerrechts. Mir geht es darum, Annahmen in den Medien bloßzustellen, die die russische Seite diffamieren soll. Der Glaubwürdigkeit wegen habe ich Beispiele aus dem Luftkrieg gewählt.

Die täglichen Nachrichten in unseren Medien berichten von Bomben und Raketenangriffen der russischen Luftwaffe auf Städte und Dörfer und suggerieren eine Kriegführung gegen die ukrainische Bevölkerung. Zahlen der dabei ums Leben gekommenen Zivilisten werden genannt. Laut einer Statistik von STATISTA sollen seit Kriegsbeginn bis Ende April 2025 ungefähr 13 000 Zivilisten ums Leben gekommen sein. Ein Teil davon ist sicherlich den Luftangriffen zuzuschreiben. Bedenkt man jedoch die Zerstörungskraft von Bomben und Raketen, die die die russische Luftwaffe in ihrem Arsenal hat, dann wäre die Zahl der Opfer sicherlich sechsstellig, sollte man Städte und Dörfer zum Ziel machen. Eine solche Kriegsführung wäre absurd. Sie würde den Kriegswillen der ukrainische Bevölkerung nicht brechen, sondern befeuern. Als Beispiel sei der strategische Bombenkrieg der Alliierten gegen deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg genannt. Eine solche Kriegsführung würde außerdem dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit widersprechen. Die gilt, von den Amerikanern entwickelt, spätestens seit dem 2. Golfkrieg (Befreiung Kuweits von irakischen Besetzung) in allen modernen Streitkräften der Welt als Doktrin.

Welche Ziele angegriffen werden sollen, entscheidet eine besondere Planungsgruppe. Deren Planungsprozess nennt man in der US/NATO Doktrin „Targeting“, Das methodische Auswählen, Priorisieren und Zuweisen von Zielen an die Einsatzstaffeln. Sie kann man aber nicht isoliert betrachten. Luftkrieg ist immer Teil der Gesamtkriegsführung. Der Landkrieg findet in der Ostukraine statt. Die Auswahl der Ziele konzentriert sich auf solche, deren Zerstörung die Kampffähigkeit der ukrainischen Armee im Kriegsgebiet schwächt und diese irgendwann zur Aufgabe zwingt. Das sind u.a. der Nachschub, Reserven, Verkehrsknotenpunkte, Rüstungsfabriken, Kommunikationseinrichtungen und Hauptquartiere im Hinterland. Bei einer Zieleauswahl sind die Russen von dieser Doktrin abgewichen, als sie nämlich das zivile Stromnetz von Städten angegriffen haben, was zu dramatischen Auswirkungen für die Bevölkerung geführt hat. Sie hatten ein amerikanisches Vorbild. Nachdem während des Kosovokrieges der Serbenführer Milosevic trotz der wochenlangen Bombardierungen militärischer Ziele durch die NATO keine Reaktion zeigte, begann man, Einrichtungen der zivilen Stromversorgung Belgrads und anderer Städte zu zerstören. Rechtfertigungskommentar des Oberkommandierenden der NATO-Luftstreitkräfte, US-General Short: Die serbische Bevölkerung soll spüren, dass Krieg ist. –

Sie werden vielleicht jetzt verstehen, warum die Medienberichte über den Ukraine-Krieg auf unverantwortlichen Annahmen beruhen. Unverantwortlich deswegen, weil sie zu Schlüssen über Herrn Putin und seine politischen Ziele führen, die Krieg und Rüsten rechtfertigen. Das ist die Botschaft, die hinter dem Untertitel verborgen ist. Wenn man nur das Luftkriegs-Targeting der Russen im Ukrainekrieg in Bezug setzt zu dem, was er immer wieder zu seinem politischen Ziel erklärt hat, nämlich eine neutrale Ukraine, die nicht Mitglied der NATO ist, dann kann man zu anderen Schlüssen kommen, als Politiker, Medienvertreter und Selbstgerechte uns durch platte Annahmen über einen machthungrigen und wahnsinnigen Putin suggerieren wollen.

Hinweis

Wer an mehr Details über den modernen Krieg interessiert ist, dem empfehle ich ein kleines Taschenbuch (auch als E-book erhältlich), das ich im letzten Jahr herausgebracht habe. „Krieg – eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz“ [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Infrastrukturfonds: keine zusätzlichen Mittel, außer für Aufrüstung

Wenn ein Minister notwendige Ausgaben über Darlehen aus dem Infrastrukturfonds bezahlen möchte, wird sein normaler Etat um die entsprechende Summe gekürzt. Mit anderen Worten, Ausgaben des normalen Etats werden über den Infrastrukturfonds finanziert bzw. es wird kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt. Der Tagesspiegel spricht hier von einem "Haushaltstrick: Keine Zusätzlichkeit der Investitionen".

Die Ankündigung von Merz, dass mit dem Infrastrukturfonds zusätzliche Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur bereitgestellt werden sollen, hat sich damit schon erledigt.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. Mai 2025 liegt ihr ein Rundschreiben von Finanzstaatssekretär Steffen Meyer an die Fachressorts und obersten Bundesbehörden vor, in dem es heiße, dass die Fachministerien Projekte, die die Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung erhöhen oder die Einnahmen verringern, in aller Regel nur dann in Angriff nehmen dürfen, wenn sie dafür an anderer Stelle innerhalb ihres jeweiligen Einzeletats gleich hohe Einsparungen vornehmen. Ziel müsse es sein, alle staatlichen Aufgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen, hieß es in Regierungskreisen. Zudem müssten alle Ressorts in diesem Jahr 0,5 und 2026 zwei Prozent ihrer Stellen streichen. Die Sicherheitsbehörden seien davon ausgenommen.

Zwar geht aus dem Artikel der SZ nicht hervor, ob der Rüstungshaushalt auch davon betroffen ist, aber die Einschränkung bei der Vorgabe für die Stellenstreichungen deutet darauf hin, dass für die Kriegsausgaben diese Einschränkung nicht gelten soll.

Die Grünen hatten für ihre Zustimmung zur Grundgesetzänderung für die Sondervermögen festlegen lassen, dass Ausgaben aus dem Infrastrukturfonds nur getätigt werden dürfen, wenn im Kernhaushalt bereits angemessene Investitionen eingeplant sind.

Wir hatten deshalb eingeschätzt, „das ist nur ein Scheinkompromiss, denn im Kernhaushalt wird es immer irgendwelche Ausgaben für Schulen, Straßen usw. geben. Allein schon die nach Osten geplanten Militärstraßen dürften als Investitionen im Kernhaushalt auftauchen. Die Forderung der Grünen bedeutet also praktisch nichts“.

Und genauso kommt es: außer einer wahnwitzigen Aufrüstung und die damit verbundenen militärisch interessanten Maßnahmen wird es keine zusätzlichen Ausgaben für die Infrastruktur geben, also kein zusätzliches Geld für Krankenhäuser, Klimaschutz, Öffentlichen Nahverkehr, Bildung oder Wohnungsbau. Im Gegenteil: Die Ministerien werden verdonnert, diese dringend benötigten Ausgaben zu kürzen, weil dem Finanzminister schon angesichts der Zinsen für die beschlossenen "Sondervermögen" ganz schummerig wird. [jdm]

Unnötige Kriege

Die Historie

Winston Churchill

Der britische Premierminister Winston Churchill nannte den zweiten Weltkrieg einmal den unnötigen Krieg. Im Vorwort zu seinen Memoiren schreibt er:

„Eines Tages sagte mir Präsident Roosevelt, dass er die Öffentlichkeit um Anregung ersuche, wie der Krieg benannt werden soll. Ich erwiderte sofort: ´Der unnötige Krieg`. Niemals hätte sich ein Krieg leichter verhindern lassen als dieser, der soeben alles vernichtet hat, was von der Welt nach dem vorangegangenen Kampf noch übriggeblieben war. Die menschliche Tragödie erreicht ihren Höhepunkt darin, dass wir nach allen Mühen und Opfern von Hunderten von Millionen Menschen und nach den Siegen der gerechten Sache noch immer nicht Frieden oder Sicherheit gefunden haben, und dass wir uns inmitten von Gefahren befinden, die noch schlimmer sind, als die überwundenen.“ – Winston Spencer Churchill, Churchill Memoiren Band I., 1948, S. 15

Wie die Geschichte gezeigt hat, sind die meisten Kriege unnötig. Sie sind unnötig, weil ihre Ursache im Menschlichen zu finden ist und wir sie daher vermeiden bzw. beenden könnten. Wenn wir das nicht tun, dann lauern auf uns Gefahren, „die noch schlimmer sind, als die überwundenen“. Churchill schrieb diese warnenden Worte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, der 65 Mio Menschen das Leben gekostet und Europa in Schutt und Asche gelegt hatte. Bei der Aufarbeitung der Geschichte ging es ihm nicht in erster Linie darum, Aggressoren zu brandmarken oder eigenes Handeln zu rechtfertigen, sondern darum, Fehler der eigenen Seite zu benennen, die zum Ausbruch des Krieges beigetragen hatten. Eine solche Haltung unterscheidet den Staatsmann vom Politiker, der wiedergewählt werden will.

So bezeichnete der einstige britische Premier die gegen Deutschland verhängten Wirtschaftssanktionen des Versailler Friedensvertrages von 1919 als “böse und töricht”. Er zitierte den französische Marshall Foch, der zur Unterzeichnung des Versailler Vertrages bitter bemerkt hatte:” Das ist kein Friede. Das ist ein Waffenstillstand für zwanzig Jahre.” - Die Diktate der Sieger gegenüber Deutschland entsprachen einem Zeitgeist, dessen Ursachen anscheinend universellen Charakter haben, wie die heutige Politik des Westens gegenüber Russland beweist. Die Ursache lautet: Mangelnde Empathie. Und die wiederum hat auch ihre Ursache: Die weitverbreitete Unfähigkeit bzw. Verweigerung, ganzheitlich zu fühlen und denken und sich auch selbst in Frage zu stellen. Churchills Beschreibung des Zeitgeistes in Großbritannien nach Ende des ersten Weltkrieges spricht für sich:

“Die breiten Massen hatten von den einfachsten wirtschaftlichen Tatsachen keine Ahnung, und die Parteiführer wagten mit Rücksicht auf ihre Wähler nicht, sie darüber aufzuklären. Die Presse besprach und unterstrich nach altem Brauch die vorherrschenden Ansichten.” – Ebda, S. 22

Die Gegenwart

Wie Sie unschwer erkennen können, hat Churchills Erkenntnis eine erschreckende Aktualität. Die Politik des Westens gegenüber Putins Russland zeugt von einer Empathielosigkeit, die ebenfalls von einer gleichgeschalteten vorherrschenden Ansicht in weiten Teilen der Bevölkerung sowie bei Politikern und Journalisten getragen wird. Als besonders erschreckend ist zu bemerken, dass diejenigen, die sich um Empathie bemühen, als “Russlandversteher” beschimpft werden. Den Konfliktgegner verstehen heißt doch nicht, damit einverstanden zu sein, was er tut.

Sicher ist: Die Konflikt-Protagonisten haben Interessen, und Moral und Gesetz gehören nicht dazu, wie deren Realpolitik immer wieder zeigt. Sie werden als Mittel zum Zweck missbraucht. Sicher ist auch, dass Krieg nicht im Interesse von Staaten sein kann, wenn sie Globalisierung zum Wohl aller ernst meinen. Es gibt immer divergierende Interessen. Die müssen auf den Tisch und fair ausbalanciert werden. Moral und Recht dürfen nicht dazu gehören. Mit ihnen lässt sich nämlich jeder Krieg begründen. Juristen und Selbstgerechte schaffen das leicht. Dabei können sie in einer multi-kulturellen Welt einzig allein Werte sein, die ausschließlich das eigene Handeln bestimmen dürfen. Ihre normative Kraft bringt sie zum Wirken, nicht Soldaten und Panzer. Sie meinen, dass sei blau-äugig? – Hier ist ein Beispiel für „Normative Power“ aus der neueren Geschichte.

Das Hinrichten von Gesetzesbrechern war bis in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts weltweit eine legitime Form der Bestrafung – auch in Europa. Als im politischen Einigungsprozess unseres Kontinents der Europarat sich weltweit vehement für eine Abschaffung dieser unmenschlichen Bestrafungsform einsetzte und in der Folge die EU diese formal zur Bedingung für eine Mitgliedschaft machte, änderte sich sukzessive das Verhalten der meisten Staaten. Sie schafften die Todesstrafe ab oder vollstreckten nicht mehr. In 142 Staaten von den insgesamt 195 Staaten der Welt wird nicht mehr hingerichtet. Niemand hatte sie gezwungen. Wer Nähe zu uns haben will, der tut gut daran, unsere Normen zu beachten. Aus aktuellem Anlass ein bemerkenswertes Detail. In Russland gibt es formal immer noch die Todesstrafe. Die letzte Vollstreckung war 1999 ( Die Amtseinführung Putins als Präsident der Russischen Föderation war am 31.12.1999)

Bleibt zu hoffen, dass sich diese Vernunft endlich weltweit durchsetzt, wenn es darum geht, politische Ziele durch Krieg erreichen zu wollen. Die zeigt sich darin, dass man dem Konflikt-Gegner Empathie entgegenbringt. Das gilt für Politiker, Journalisten und Bürger gleichermaßen. Empathisch sein ist letztendlich eine menschliche Regung. Im Privaten wissen wir es schon längst. Sie wirkt nicht dadurch, dass man sie vom anderen fordert, sondern dadurch, dass man selbst empathisch ist. Wenn die politisch Verantwortlichen das beherzigen würden, der Ukrainekrieg wäre morgen beendet. Es gäbe nicht nur keine unnötigen Kriege mehr, der Krieg wäre endgültig Geschichte.

Nachtrag

Rüsten, Kriegsvorbereitung und Moralisieren, die die heutige Agenda unserer Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmen, sind irrational. Auf der einen Seite unterstellt man Putin Großmachtswahn, der darauf aus ist, Europa militärisch zu unterwerfen. Auf der anderen Seite rechnet man mit seiner Rationalität, wenn man meint, ihn durch militärische Stärke abschrecken zu können. Die Irrationalität gipfelt in dem Glauben, eine militärische Konfrontation mit einem atomar gerüsteten Russland in Europa siegreich bestehen zu können, falls die Abschreckung versagt. Man verweigert den rationalen Schluss, dass der Frieden, der danach folgt, ein Friedhofsfrieden sein wird. [Ulrich Scholz/esrtveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Lasst Blumen sprechen

Wussten Sie, dass Länder ihre eigene nationale Blume haben? - Was für ein buntes Unterscheidungsmerkmal! - Anstatt des phantasielosen EU-Symbols könnte man seine Landesblume als Sticker an seinem Auto führen. - In den USA macht man ja schon ähnliches. Staaten haben Beinamen, die auf den Nummernschildern Autos geschrieben stehen. Florida ist der Sunshine State, Kansas der Sunflower State und Texas der Lone Star State. - Die nationale Blume könnte in allen Bereichen der Gesellschaft als Identitätsmerkmal dienen.

So zum Beispiel auf den Trikots von Sportlern und auf Fahnen und Schals der Fans. Für Mode und Werbung täten sich unzählige Möglichkeiten auf, nationale Wir-Gefühle zu fördern und natürlich auch den Umsatz. - Sogar für den Frieden könnte man die nationale Blume Nutzen.

Sie sollte als nationales Symbol der Streitkräfte an der Außenhülle von Panzern, Kampfjets und Kriegsschiffen klar erkennbar sein. Entsprechendes gilt für Kampfanzüge der Soldaten. Wer mit einer Blume in den Krieg zieht, auf den schießt man nicht gern. Sollte es doch noch zu einem Krieg kommen, käme es zum letzten Dienst einer nationalen Blume. Die Soldatengräber mit den weißen Kreuzen könnte man entsprechend der Nationalität der Gefallenen mit ihrer nationalen Blume bepflanzen. Das würde das Zählen einfacher machen und Aufschluss darüber geben, wer gewonnen hat. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht bei Ulrichs Newsletter]

Ziel der Bundesregierung: Die Hälfte des Geldes für Waffen ausgeben

Nach den Äußerungen des Außenministers Johann Wadephul (CDU), der die Forderung von US-Präsident Donald Trump nach Erhöhung der Militärausgaben auf jeweils fünf Prozent des BIP unterstützt hatte, hat auch der deutsche Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) dieses Ziel unterstützt. In sozialdemokratischer Manier eierte er allerdings etwas herum: Zahlen seien nicht so wichtig. Man wolle dies nicht in einem Jahr erreichen, sondern jährlich 0,2 Prozentpunkte mehr für Rüstung ausgeben, so dass man 2032 etwa 3,5 % erreiche.

Dieses Ziel der deutschen Bundesregierung bedeutet also, dass mittelfristig die Hälfte des Bundeshaushaltes für Waffen und Kriegsunterstützung ausgegeben werden soll.

Wer das bezahlen soll, ist für die Bundesregierung auch festgelegt. Der Achtstundentag soll abgeschafft werden. Mit einer Salamitaktik soll dieses Vorhaben scheibchenweise umgesetzt werden. Zunächst setzt man auf "freiwillige" Anreize. Es wird nicht lange dauern, bis diese freiwillige Mehrarbeit ein notwendiger Bestandteil des Lohns wird, um über die Runden zu kommen. Zudem prognostizieren die Wirtschaftsinstitute, die normalerweise die Lage immer zu optimistisch einschätzen, eine Steigerung der Arbeitslosenzahlen. Der Druck, der dadurch auf die Beschäftigten ausgeübt wird, wird ebenfalls dazu beitragen, dass die Mehrarbeit zur Normalität wird. Und die anfänglichen "Anreize" verflüchtigen sich, weil sie bei der Lohnfindung gleich mit eingerechnet werden.

Angeblich unterstützen 38 Prozent der Befragten einer YouGov-Umfrage die Pläne der Bundesregierung, die bisherige tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. 20 Prozent lehnen diesen Vorschlag ab, während 37 Prozent dazu eine neutrale Haltung einnehmen. Dieses Umfrageergebnis dürfte dafür sprechen, dass die Salamitaktik bisher erfolgreich ist, um die Arbeiter hinters Licht zu führen. Die Kampagne für die Arbeitszeitverlängerung wird seltsamerweise auch unter dem Label geführt, die Umstellung auf eine Wochenarbeitszeit führe dazu, dass alle vier Tage arbeiten können und drei Tage frei haben. Die Neuauflage der 50er-Jahre-Kampagne "Samstags gehört Papi mir", heißt jetzt "Freitags beginnt die Party"? Vermutlich wird es ein sehr erschöpftes Erwachen am Freitag geben.

Die Familienministerin hat das Ziel ausgegeben, ein Familienpflegegeld für pflegende Angehörige - ähnlich dem Elterngeld bei Familien mit Kindern - einzuführen; allerdings steht das unter dem Finanzierungsvorbehalt. Also wird daraus genauso wenig, wie aus den 400.000 Wohnungen, die die letzte Regierung schaffen wollte. Ein bisschen soziale Rhetorik schadet nicht, wird sich Frau Prien gedacht haben, aber es wird nichts draus.

Der Kassenärztechef Andreas Gassen hat sich gegen eine Einschränkung der ambulanten Versorgung ausgesprochen. Und auch einer drastischen Einschränkung der freien Arztwahl widersprochen. Aber er sah sich im Interview mit der NOZ dann doch in der Pflicht, einer Gebühr für Facharztbesuche ohne Überweisung das Wort zu reden. Die Praxisgebühr hatten wir schon einmal. Sie war eine Zuzahlung von 10 Euro, die in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland für den ersten Arztbesuch pro Quartal erhoben wurde. Sie wurde 2004 eingeführt und im Januar 2013 wieder abgeschafft. Das Ziel war, unnötige Facharztbesuche zu reduzieren, was aber nicht gelang.

Und so wird es die nächsten vier Jahre weitergehen: Die Waage wird immer größere Geldbeträge auf der Seite der Rüstung anzeigen, entsprechend weniger bleibt für die Bürger.

Und das groß angekündigte Infrastrukturprogramm? Davon werden Straßen und Brücken für das Militär gen Osten gebaut. Fertig ist die militärische Infrastruktur. [jdm]

Kriegsrüstung steht für Merz „an erster Stelle“

In seiner Regierungserklärung hat Bundeskanzler Merz behauptet, Deutschland werde von Russland bedroht. „Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.“ Für diese Behauptung gibt es überhaupt keinen Beleg. Aber den Westeuropäern und allen voran den deutschen Regierenden dient sie, um in der aufziehenden multipolaren Welt ein Drohpotential aufzubauen. Damit hoffen sie, den ökonomischen Bedeutungsverlust der ehemals 1. Welt auffangen zu können. Bisher konnten die Europäer und die USA Länder der Dritten Welt mit wirtschaftlichen Mitteln zwingen, ihnen als verlängerte Werkbank und Rohstofflieferanten zu dienen. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Deshalb drängen die Konzerne darauf, gegebenenfalls ein militärisches Drohpotential einzusetzen.

Merz will die Bundeswehr zur „konventionell stärksten Armee Europas“ machen. Die Stärkung der Bundeswehr stehe für seine Regierung „an erster Stelle“. Das hatten die CDU/CSU, die SPD und die Grünen ja schon mit der Lockerung der Schuldenbremse im Grundgesetz für Verteidigungsausgaben deutlich gemacht.

Für die deutschen Bürger bedeutet dies den Abbau des Sozialstaates. Merz drückt das so aus: Er fordert eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Menschen in Deutschland, um das Land wieder nach vorne zu bringen. „Der Staat, das sind wir alle“, sagte er.

Das heißt, alle sollen für die Überrüstung zahlen. Den Konzernen verspricht er dagegen Entlastungen, bessere Abschreibungsmöglichkeiten oder die Senkung der Energiepreise. Das gilt natürlich nicht für den Normalbürger und schon gar nicht für die jetzt mehr werdenden Arbeitslosen, denen das Leben schwer gemacht werden soll. Über verstärkten Wohnungsbau und die Deckelung von überhöhten Mieten hat er auch nicht gesprochen.

Die Ukraine wird aber weiterhin mit Waffenzusagen dazu gedrängt, den Krieg gegen Russland weiterzuführen. Mit neuen Sanktionen soll der Stellvertreterkrieg mit Russland weiter angeheizt werden.

Die Friedensgespräche in Istanbul werden von Merz und seinen EU-Kumpanen als Bedrohung betrachtet. Dass Russland diese Gespräche nicht mit einem Gipfeltreffen der Staatschefs Putin und Selenski beginnen lässt, sondern zunächst eine Delegation bestehend aus dem Delegationsleiter Wladimir Medinskij, Berater des Präsidenten, Michail Galuzin, dem stellvertretenden Außenminister Russlands, Igor Kostjukow, dem Direktor der Hauptdirektion des Generalstabs der russischen Streitkräfte und aus Alexander Fomin, dem stellvertretenden Verteidigungsminister Russlands schickt, wird als Mangel an Ernsthaftigkeit denunziert.

Am Mittwochabend gab es im Kreml eine Vorbereitungskonferenz, in der die Verhandlungspositionen der russischen Delegation in Istanbul vorbereitet wurden. Aber eigentlich sind die Positionen Russlands schon seit 2014 bekannt: Keine Nato-Migliedschaft der Ukraine, aber die frühere Forderung nach Autonomie für Donbass und Krim dürfte sich jetzt nach den Kriegsjahren in eine Forderung nach dem Anschluss dieser Gebiete an Russland gewandelt haben. 2014 hätte die Erfüllung der Forderung nach Ausschluss einer Natomitgliedschaft und Ende der Diskriminierung der Russischsprachigen im Donbass die Entwicklung zum Krieg verhindert. Und noch am Februar 2022 hätte dies den Krieg stoppen können. Aber die USA und die EU wollten den Krieg (siehe oben). [jdm]

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA gegen Vietnam endete vor 50 Jahren

Vor 50 Jahren, am 30. April 1975 endete der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA gegen Vietnam mit der Eroberung der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon durch nordvietnamesische Truppen. Im Krieg hatten die USA mit dem massenweisen Einsatz von Napalm - einer zähflüssigen, klebrigen Masse, die an den Menschen haftete und sie grausam verbrannte - und dem Entlaubungsmittel Agent Orange, mit dem ganze Landstriche vergiftet wurden, großflächig Kriegsverbrechen begangen. Hinzu kamen Massaker an der Zivilbevölkerung, wie in My Lai.

Trotzdem verkauften die USA diesen Krieg als Kampf für Demokratie und Menschenrechte. Trotz der offensichtlichen Verbrechen unterstützten die westlichen Staaten die USA. Und trotzdem werden in US-Actionfilmen bis heute die Verbrecher in US-Uniform als Helden dargestellt.

Jetzt ist der US-Präsident Trump in Saudi-Arabien zu Besuch und hat mit Saudi-Arabien das »größte Abkommen zum Verkauf von Rüstungsgütern der Geschichte« im Wert von fast 142 Milliarden US-Dollar abgeschlossen. In Deutschland hat die Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall »mit einer Steigerung von weit über 2.000 Prozent eine phänomenale Kursentwicklung vollzogen«, wie Geschäftsführer Armin Papperger auf der Hauptversammlung des Düsseldorfer Rüstungskonzerns frohlockte. Die Aktionäre des mörderischen Konzerns können mit einer Steigerung der Dividende um 42 Prozent rechnen.

Jeder Cent, für den Rüstungs- und Kriegsgüter gekauft werden, muss zuerst von den Arbeitern der Länder erarbeitet werden. Und jede Waffe hat nur einen Zweck: Menschen zu töten. Offizielle Begründung: Sicherheit, Freiheit und Demokratie. Ziele sind Menschen, die sich dem Westen nicht unterwerfen wollen. Das Ziel der Rüstungskonzerne ist die erhöhte Dividende.

Karl Marx beschrieb die Sucht nach Profit so: »Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.« [jdm]

Gedenken zum 80. Jahrestag der Befreiung

Ungewöhnlich viele Menschen fanden sich am Samstag, den 10.05.2025, auf der Begräbnisstätte Esterwegen ein, um des 80. Jahrestags der Befreiung zu gedenken.

Jörg Meinke

Der Sprecher der Deutsch-Niederländischen Initiative 8. Mai, Jörg Meinke, setzte sich in seinen einleitenden Worten damit auseinander, dass vielfach gesagt werde, nach 80 Jahren sei doch mittlerweile alles zum 2. Weltkrieg und der Naziherrschaft gesagt. Er habe den Eindruck, dass alle Lehren, die man aus dem Krieg ziehen könne, vergessen seien. Den Forderungen nach neuer Kriegstüchtigkeit und Hochrüstung setze er das Ideal des Friedens und der Freiheit entgegen. Er halte es mit Bertold Brecht, der gesagt habe: „Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!“

Um die Erinnerung aufrecht zu erhalten, hätten 1981 Überlebende der Emslandlager gemeinsam mit Rosalinda von Ossietzky-Palm, Tochter des Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky, und engagierten Menschen das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager (DIZ) gegründet. Er freue sich, dass sich dort eine junge Generation der Aufgabe angenommen habe.

Corinna Bittner

Corinna Bittner vom DIZ erinnerte daran, dass mit der Befreiung der Gefangenen aus den Emslandlagern die Hoffnung aufkam, dass ein Deutschland als Gegensatz zum Faschismus aufgebaut werden könne. Doch trotz einer Abgrenzung zum nationalsozialistischen Regime lebten faschistische Vorstellungen, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus, Sozialchauvinismus, Hass und Diskriminierung weiter und hätten heut wieder Konjunktur. So sehr es zu begrüßen sei, dass die Forderung „Nie wieder“ artikuliert werde, sowenig reiche ihr das, um die Zukunft zu gestalten. Die Forderung artikuliere, was nicht wieder geschehen solle, aber entwerfe keine positive Utopie.

Viele Überlebenden der KZs hätten sich nach der Befreiung sogleich für die Mensche im Lande eingesetzt und organisierten schon im Sommer 1945 die Versorgung mit dem Mindesten. Die Alliierten hielten sich bei der Besetzung von Verwaltungs- und Führungspositionen an die Gegner des Naziregimes, weil die deutschen Verwaltungen kaum arbeitsfähig und zudem diskreditiert waren. So z. B. Peter Waterkotte, der als Folge der haft im KZ Börgermoor erblindet war und 1945 Stadtverordneter und Bürgermeister in Düsseldorf und später Landtagsabgeordneter für die KPD in NRW war. Überall glaubten die Überlebenden an eine bessere Zukunft, aber unter dem Eindruck des kalten Kriegs und dem virulenten Antikommunismus zerstoben diese Hoffnungen. Die Wiederbewaffnung schürte Kriegsängste und das Amnestiegesetz erlaubte zahlreichen Nationalsozialisten in ihre früheren Ämter zurückzukehren. Die selbstkritische Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte setzte nur allmählich ein. Und heute müssten wir feststellen, dass die Reden und Bekenntnisse oft sehr oberflächlich sind.

Es reiche nicht, nur zu wissen, was wir nicht wollen, wir müssten auch eine Idee davon entwickeln, was wir wollen und wie eine empathische und solidarische Gesellschaft aussehen könne.

Geert Bosma

Geert Bosma vom VredesInformatieCentrum Groningen erinnerte an die Feststimmung, die sein Vater als Zwangsarbeiter in Bremen erlebte, als bekannt wurde, dass Hitler sich das Leben genommen habe. Die Menschen hatten die Hoffnung, Raum zu bekommen, um ein besseres Zusammenleben aufzubauen. Heute werde überall des 80. Jahrestags des Kriegsendes gedacht. Doch, wenn Machthaber eine Gedenkveranstaltung leiten, sei es gut, sich über die damit verbundenen Interessen klar zu werden.

Alie Noorlag

Der 8. Mai 1945, der Tag der Kapitulation, habe Befreiung und Neuanfang bedeutet, sagte die niederländische Autorin Drs. Alie Noorlag. Aber für die Menschen, die in Lagern oder auf andere Weise starben, gab es keinen Neuanfang. Sie schilderte beispielhaft das Schicksal der Familie Van der Weij. Die Familie besaß eine Druckerei in Huizum, in der die Widerstandszeitungen Vrij Nederland und Trouw gedruckt wurden. Irgendwann wurden sie verraten und Tiede van der Weij und seine drei Söhne wurden verhaftet. Sie landeten zunächst im Lager Vught. Danach wurden sie getrennt und durchliefen Sachsenhausen, Neuengamme, Engerhafe, Bergen Belsen Groß Rosen und Theresienstadt. Alle vier starben an den Qualen in den Lagern. Die Ehefrau von Tiede hatte ihren Ehemann und drei Söhne verloren und wurde nie wieder glücklich.

Die Kinder der Verschleppten setzten sich mit der Geschichte ihrer Verwandten auseinander und besuchten deren Leidenstätten. 2024 wurde in Leeuwarden eine Gedenktafel zum Gedenken an die ermordeten Mitglieder der Familie Van der Weij enthüllt. Erinnern sei wichtig, denn es gebe ein Sprichwort: Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name nicht mehr erwähnt wird.

Christa Bröcher

Christa Bröcher zeigte sich besorgt über die Geschichtsvergessenheit, über die Umdeutung der Geschichte, die sich europaweit zeige, nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland (zum Redetext). Die Enkelin des Moorsoldaten Toni Melchers engagiert sich bei den „Kindern des Widerstandes-Antifaschismus als Aufgabe“. Die Erfahrungen unserer Eltern und Großeltern im Kampf gegen die Nazis dürften nicht verloren gehen.

Die offizielle Gedenkkultur sei auch eine Geschichte des Vergessens, des Nicht-Erwähnens, des Auslassens von oft unliebsamen Fakten: Das merke man besonders in den Schulen und Jugendorganisationen. Gefragt, welche Konzentrationslager sie kennen, würden die Jugendlichen immer Auschwitz nennen. Manche kennten noch die Namen Buchenwald und Sachsenhausen. Sehr selten würden Ravensbrück oder Mauthausen erwähnt. Die Emslandlager würden nie erwähnt. Die mehr als 1.000 Außenlager, in denen die von den Hauptlagern an die Unternehmen „ausgeliehenen“ Zwangsarbeiter schuften mussten, seien selbst dann nicht bekannt, wenn sie quasi bei ihnen um die Ecke liegen würden.

Kranzniederlegung durch Studierendenschaft der Uni Oldenburg, VVN und DGB, Region Oldenburg

Auf die Frage nach dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus fielen den Jugendlichen die Geschwister Scholl ein und noch der 20. Juli, namentlich Graf Stauffenberg, und mehr nicht. Es gebe kein Wissen über den Arbeiterwiderstand, den Widerstand von Kommunisten und Sozialdemokraten, über die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 und keine Ahnung über organisierten Widerstand selbst unter den Bedingungen der Konzentrationslager.

Trotzdem wollten die meisten Jugendlichen keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit setzen. Es sei Konsens, dass man muss aus der Vergangenheit lernen müsse, um die Gegenwart zu begreifen. Oder wie Simon Wiesenthal, Überlebender von Mauthausen am 7.5.1995 gesagt habe: „Würden wir vergessen, verdrängen oder das Geschehen verfälschen, käme das Gestern unbewältigt immer wieder auf uns zu und würde uns und unsere Nachkommen daran hindern, das Morgen richtig und menschenwürdig zu gestalten.“

Kutlu Yurtseven und Yoram Bejarano

Den Schlusspunkt der Veranstaltung setzten Kutlu Yurtseven und Yoram Bejarano mit einem kleinen Rap-Konzert. Yurtseven vermutete, dass 80 % der Anwesenden vermutlich nie geglaubt hätten, dass sie mal auf ein Rap-Konzert gehen. Die beiden trugen ihre Stücke mit antirassistischen Texten mit großer Spielfreude und einer guten Laune vor, die ansteckend wirkte und eine optimistische Stimmung verbreitete. Jörg Meinke schloss die Versammlung mit den Worten, dass solche guten Veranstaltungen, auf denen man merke, dass man im Kampf gegen Aufrüstung und gesellschaftlichen Rückschritt nicht allein sei, ihn immer wieder vor einem Pessimismus bewahren würden. [jdm]

Das Pfeifen im Walde der EU-Außenminister

Wie das Pfeifen des Ängstlichen im Walde mutet der Beschluss der EU-Außenminister an, ein „Sondertribunal zum russischen Angriffskrieg“ einzurichten. Den Internationalen Gerichtshof konnten sie noch dazu bringen, den russischen Präsidenten mit einem Haftbefehl zu bedrohen. Aber spätestens nachdem die westliche „Wertegemeinschaft“ sich weigert, den Haftbefehl desselben Gerichtes gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wegen seines Vernichtungskriegs gegen die Gaza-Bevölkerung zu befolgen, weiß die ganze Welt, was die westlichen Werte wirklich wert sind.

An der Parade zum 80. Tag des Sieges in Moskau nahmen 27 Staats- und Regierungschefs teil, u. a. aus China, Brasilien, Vietnam, Kongo, Kuba, Simbabwe, Burkina Faso, mehreren ehemaligen sowjetischen Republiken, Slowakei, Serbien, Ägypten, Laos usw. Die Frankfurter Rundschau versuchte die Gästeliste klein zu reden: Viele Staatsgäste kämen „aus autoritär regierten Ländern oder langjährigen russischen Verbündeten.“ Michael Clasen stellt in seiner Reportage aus Moskau in der NOZ fest: „An Putins Liste der Ehrengäste lässt sich die heraufziehende neue, künftig multipolare Weltordnung ablesen, in der nicht mehr die USA der Weltpolizist sind und auch nicht zwei Blöcke sich monolithisch gegenüberstehen, sondern mehrere Machtzentren mit globaler Bedeutung bestehen. Die meisten davon haben keine Probleme mit Putin.“

Allein, dass unsere Lokalzeitung endlich mal einen Redakteur nach Moskau schickt, um aus eigener Anschauung zu berichten, zeigt schon, dass sich etwas verändert. Zwar stellt Clasen im Artikel heraus, dass Putin den 80. Jahrestag des Kriegsendes zur Kriegsshow nutze, was sicher stimmt. Aber angesichts der 27 Millionen sowjetischen Menschen, die durch den Vernichtungskrieg der Deutschen ihr Leben verloren, ist es in Russland und den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken ein großes allgemeines Bedürfnis, den Tag des Sieges zu begehen.

Putin erinnerte in seiner Rede daran: „Die Sowjetunion hat die heftigsten und gnadenlosesten Schläge des Feindes auf sich genommen. Millionen von Menschen, die nur friedliche Arbeit kannten, griffen zu den Waffen und stellten sich auf allen Höhen, Brückenköpfen und Grenzen in den Dienst des Todes, bestimmten den Ausgang des Zweiten Weltkriegs durch bedingungslose Siege in den großen Schlachten von Moskau und Stalingrad, an den Wällen von Kursk und am Dnjepr; durch den Mut der Verteidiger von Weißrussland, die dem Feind als erste gegenüberstanden; die Tapferkeit der Teilnehmer an der Verteidigung der Festung Brest und Mogilev, Odessa und Sewastopol, Murmansk, Tula, Smolensk; den Heroismus der Einwohner des belagerten Leningrads, die Tapferkeit all derer, die an der Front, in den Partisaneneinheiten und im Untergrund kämpften, die Tapferkeit derer, die die Fabriken des Landes unter feindlichem Beschuss evakuierten, die in der Nachhut arbeiteten, ohne sich zu schonen, bis an die Grenze ihrer Kräfte. Die Pläne der Nazis zur Eroberung der Sowjetunion wurden durch die wahrhaft eiserne Geschlossenheit des Landes durchkreuzt. Der Heroismus des Volkes war gewaltig, alle Republiken trugen die gemeinsame, schwere Last des Krieges.“

Die Staaten, die nicht von der Nato dominiert werden, wollen eine Weltordnung, in der sie selbst über ihre Partner entscheiden können. Sie wollen sich nicht von den USA und der EU erpressen lassen und vorschreiben lassen, mit wem sie Handel betreiben.

Die europäischen Außenminister haben das noch nicht begriffen. Sie setzen ihre Politik der maßlosen Arroganz fort und setzen alles daran, ein Ende des Krieges in der Ukraine hinauszuzögern. Die EU hat gerade ein beispielloses Aufrüstungsprogramm in Gang gesetzt. Und sie wollen nicht riskieren, dass ihnen ein Feind abhanden kommt und der Frieden ausbricht. Sie fühlen sich im Wort gegenüber den Rüstungskonzernen, aber dass sie das Vertrauen der Menschen verlieren, ist ihnen egal. [jdm]

Die Nachkommen der Nazischergen verbieten den Nachkommen der KZ-Befreier das Gedenken

Im vergangenen Jahr schon wurden bei den Gedenkveranstaltungen zum D-Day, der Landung der Allierten in der Normandie am 06. Juni 1944, die Vertreter Russlands nicht eingeladen. Bei allen Reden wurde seinerzeit der Eindruck erweckt, als ob die USA im Zweiten Weltkrieg allein Nazi-Deutschland besiegt habe. Dass die Sowjetunion mit einem Blutzoll von 12 Millionen Soldaten und Soldatinnen die Hauptlast bei der Niederschlagung des deutschen Aggressors getragen hat, wurde vollkommen ignoriert. Das Gedenken wurde also deutlich für die westliche Propaganda instrumentalisiert.

In diesem Jahr gab die Kriegstreiberin, Enkelin eines von ihr geliebten Nazi-Opas (NSDAP-Mitglied) und Chefin des Auswärtigen Amtes eine Handreichung an Länder, Kommunen und Gedenkstätten heraus, in der davon abgeraten wird, dass Vertreter von Russland und Belarus bei Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs dabei sind. Begründet wurde dies mit der Sorge vor einer Instrumentalisierung des Gedenkens.

Bei den Gedenkveranstaltungen zur Schlacht um die Seelower Höhen vom 16. bis 19. April 1945 nahm der russische Botschafter uneingeladen teil. Die Veranstalter des Gedenkens, der Landkreis Märkisch-Oderland und die Stadt Seelow, ließen Botschafter Netschajew und den Gesandten von Belarus, Andrej Schupljak, trotz fehlender Einladung teilnehmen und begrüßten sie freundlich - benahmen sich also zivilisiert.

In der Schlacht um die Seelower Höhen etwa 70 km östlich von Berlin am Oderbruch kämpften knapp 1 Million Rotarmisten gegen etwa 190.000 deutsche Soldaten. Die 1. Weißrussische Front unter dem Befehl von Marschall Schukow durchbrach dabei in einem groß angelegten Angriff die Stellungen der Heeresgruppe Weichsel der deutschen Wehrmacht. Die Schlacht bedeutete auch das Ende der Ostfront.

Der Handschlag sowjetischer und US-amerikanischer Soldaten am 25. April 1945 im sächsischen Torgau ging in die Geschichte ein. Hier trafen sich vor 80 Jahren die US-amerikanischen und sowjetischen Truppen auf deutschem Boden. An dieser Gedenkveranstaltung nahm der russische Botschafter ebenfalls teil, aber erhielt kein Rederecht. Immerhin musste der sächsische Ministerpräsident Kretschmer an den Anteil der Roten Armee am Sieg über die Nazis erinnern – alles andere wäre auch vollkommen absurd gewesen.

Am 22. April 1945 befreiten Einheiten der sowjetischen und polnischen Armee etwa 3.000 Häftlinge, die aufgrund ihres Gesundheitszustands im Lager Sachsenhausen zurückgeblieben waren, darunter Kranke, Pfleger und Ärzte. Zu den offiziellen Gedenkveranstaltungen am 4. Mai in Oranienburg ist der russische Botschafter nicht erwünscht, aber der russischen Botschaft soll an einem anderen Termin der Zugang zur Gedenkstätte ermöglicht werden.

Die Nachkommen der Nazischergen verbieten den Nachkommen der KZ-Befreier das Gedenken am Befreiungstag in Sachsenhausen. Hier wird Geschichte instrumentalisiert, um mit der Lüge einer Bedrohung durch Russland die Zustimmung der Bevölkerung zu einem beispiellosen Rüstungswahnsinn zu erzeugen und um einen sinnlosen Krieg in der Ukraine am Laufen zu halten. [jdm]

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging – Albert und Hermann Vinke sprechen über die letzten Kriegstage in Rhede und im Emsland

Rhede 1945 (Archiv Busemann, Dörpen)
Rhede 1945 (Archiv Busemann, Dörpen)

Beide wurden noch während des Krieges in Rhede geboren und haben die Nachkriegszeit als Kinder bzw. Heranwachsende unmittelbar miterlebt: Albert Vinke, Jahrgang 1937, Bautechniker, Heimatforscher, Autor mehrerer Bücher; und Hermann Vinke, Jahrgang 1940, Journalist, ARD-Auslandkorrespondent und ebenfalls Autor zahlreicher preisgekrönter Bücher.

Die Brüder Albert und Hermann Vinke werden am Sonntag, 27. April, um 15 Uhr in der Gedenkstätte Esterwegen, Hinterm Busch 1, über das „Kriegsende in Rhede und im Emsland 1945“ sprechen.

80 Jahre nach der Kapitulation der Wehrmacht rückt der Ausgang der verheerenden Kämpfe mit Millionen von Toten und unvorstellbaren Zerstörungen wieder ins Blickfeld. Als die Niederlage der NS-Diktatur längst feststand, entwickelten sich im April 1945 im Emsland heftige Gefechte zwischen fanatischen SS- und Wehrmachtseinheiten sowie heranrückenden alliierten Verbänden. Rhede wurde noch zum militärischen Brückenkopf erklärt und bis zuletzt verteidigt. Damit war die Zerstörung des Ortes besiegelt. Nicht nur viele Soldaten verloren dabei ihr Leben, sondern auch Einwohner von Rhede, darunter der älteste Bruder der beiden Autoren, Heinrich Vinke. Der Elfjährige wurde am Eingang eines Bunkers von einem Granatsplitter getroffen und verblutete in den Armen seines Vaters.

Der Eintritt ist frei. [PM Gedenkstätte Esterwegen]

200 Menschen bei Ostermarsch Lingen – Gegen Wehrpflicht und „Kriegstüchtigkeit“

Ostermarsch Lingen 2025

Am Gründonnerstag hatte Burkhard Ewert in seiner Kolumne in der NOZ ein beeindruckendes Plädoyer dafür gehalten, "in seinem Denken nicht stehen (zu) bleiben bei einem schuldenfinanzierten Rüstungsprogramm und bei russlandfeindlichen Bekenntnissen. Nein, dann würde ich erwarten, dass das vollständige Bild betrachtet wird, in all seiner Breite, in all seinen erwartbaren Folgen, auch den familiären, auch den persönlichen. Und noch viel mehr würde ich erwarten, dass alles getan wird und noch einmal alles, um diese Folgen zu verhindern – weitaus mehr als bisher."

Ostermarsch Lingen 2025
Ostermarsch Lingen 2025
Am Mikrofon Hannes Jäger

Seinem Vorschlag "Vielleicht finden Sie irgendwo einen Ostermarsch. Oder Sie beten für den Frieden." folgten in Lingen gestern ca. 200 Menschen. (siehe auch EmsTV) Der Anmelder des Lingener Ostermarsches, Hannes Jäger vom Alternativen Zentrum Lingen, verlas am Bahnhof den Aufruf zum Ostermarsch.

Auf dem Marktplatz fragte Jonas Kempe von den Linken in seiner Rede, was die versammelten Demonstranten verbinde. Es sei der Wunsch nach Frieden, die Wut auf die Aufrüstung und das Wissen darum, was Kriege anrichten. Wer seine eigene Familiengeschichte verfolge stoße auf Berichte über Flucht, Tod, Verluste von Angehörigen und körperlichen und seelischen Narben, die geblieben seien.

Ostermarsch Lingen 2025
Jonas Kempe

Wer die Aufrüstung der EU und die Rufe nach Kriegstüchtigkeit in Frage stelle, werde als Putinversteher diffamiert und als verantwortungslos gescholten. Dabei sei es verantwortungslos, Frieden mit Waffen schaffen zu wollen. Die CDU habe die Übernahme des Unternehmens Hagedorn-NC durch den Rüstungskonzern Rheinmetall als Investition in die Zukunft begrüßt. Dieser Einzug der Kriegsindustrie in die Stadt Lingen sei aber ein Rückschritt. Die Produktion von Waffen blähe zwar kurzfristig das Bruttoinlandsprodukt auf, aber die Waffen seien nach der Produktion totes Kapital, das nichts Neues mehr schaffen könne.

Ostermarsch Lingen 2025
Ralf Czogalla

Ralf Czogalla von der marxistischen Linken sah in der von Scholz ausgerufenen Zeitenwende eine Reaktion darauf, dass die unipolare Weltordnung, in der die USA und der Westen das Sagen haben, zerbrochen sei. Die Nato versuche den bisherigen Zustand durch Krieg und Kriegsdrohung zu erhalten. Die Rüstungsindustrie sei eine treibende Kraft bei dieser Politik. Denn sie profitiere von den Kriegskrediten, mit denen die Nato-Armeen ausgerüstet werden. Eine Kehrseite dieser "kriegstüchtigen" Gesellschaft sei die verstärkte Propaganda der Bundeswehr in den Schulen.

Ostermarsch Lingen 2025
Larissa Sommer

Larissa Sommer von den Linken in Nordhorn wies in ihrer Rede auf die besondere Betroffenheit von Frauen in Kriegen hiin. Frauen seien diejenigen, die versuchten ihre Kinder im Krieg zu schützen, sie seien auf der Flucht von sexueller Gewalt bedroht. Aber Frauen seien von jeher auch aktiv im Kampf für Frieden. Dafür führte sie verschiedene Frauen an, u. a. Clara Zetkin.

Ostermarsch Lingen 2025
Steffen Krafft

Steffen Kraft von der DKP setzte sich als 21jähriger mit der Wehrpflicht auseinander. "Für was werden wir in den Tod geschickt?" fragte er. Die von der Rüstungsindustrie bezahlten Politiker antworteten, es gehe um die Verteidigung der westlichen Werte gegen die Barbarei der Russen. Er antworte darauf, dass er nicht auf Arbeiter schieße. Die Bundeswehr kämpfe genauso wenig für die arbeitenden Menschen wie die Armeen Russlands oder der USA. Es gehe nur um die wirtschaftlichen Interessen einiger Weniger, die in einem Tag mehr Geld anhäuften, als er in seinem ganzen Leben. "Zum Teufel mit denen, die die Jugend wieder ins Massengrab schicken wollen!" [jdm]

Ostermarsch 2025 am Karsamstag in Lingen: Gemeinsam für Frieden & Abrüstung!

Der Rüstungskonzern Rheinmetall wird das Osnabrücker Unternehmen Hagedorn-NC übernehmen. Hagedorn produziert in Lingen Nitrozellulose, das in verschiedenen Produkten, wie Lacken oder Sprühpflastern, aber auch für einzelne biologische Verfahren genutzt wird.

Es kann aber auch als Antrieb für Artilleriemunition verwendet werden. Das Wahnsinnsaufrüstungsprogramm der Bundesregierung sorgt also schon für eine Umstellung von Friedensproduktion auf Kriegsproduktion. Für Jonas Kempe von den Linken in Lingen funktioniert die Umstellung der Produktion von zivile auf militärische Zwecke nur mit der Perspektive auf Kriege und Unsicherheit. So würden die Beschäftigten der Hagedorn NC in Lingen (Ems) und ihre Familien abhängig von einem Konzern, der keine Skrupel hat, Waffen in Kriegsgebiete zu liefern.

Wie die NOZ berichtet, war dies der Anstoß für die Lingener, in diesem Jahr an den Ostermärschen teilzunehmen. Die Linke im Emsland, die Naturschutzorganisation Die Falken, die SDAJ, die Marxistische Linke Emsland und das Alternative Zentrum Lingen rufen auf zum Lingener Ostermarsch am Samstag, den 19.04.2025. Auftakt ist um 14.30 Uhr am Bahnhof Lingen, Bernd-Rosemayer-Str., Lingen.

Im folgenden dokumentieren wir den Aufruf zum Lingener Ostermarsch:

Friedensfähig statt kriegstüchtig! Diplomatie statt Krieg!
80 Jahre nach dem II. Weltkrieg ist die Gefahr eines Atomkriegs so hoch wie nie. Weltweite Militarisierung und Konfrontation treiben die Aufrüstung voran, verschärfen internationale Spannungen und zerstören unsere Lebensgrundlagen.

Wir sagen: Abrüstung statt Aufrüstung!
Bewahrung der Lebensgrundlagen statt ihrer Zerstörung! Im bald vierten Jahr setzt Russland seinen Krieg gegen die Ukraine unvermindert fort. Er hinterlässt ein zerstörtes land. Unzählige Verletzte und Tote, sowohl in der Ukraine als auch aus Russland. Mehr Waffenlieferungen werden nicht zu einem Ende des Krieges führen - das geht nur mit einer sofortigen diplomatischen Initiative mit China und anderen BRICS-Staaten für Friedensverhandlungen unter Einbeziehung der Ukraine.

Unterdrückung und Gewalt beenden!
Während die Bundesregierung Waffen liefert, schweigt sie zum Leid unterdrückter Völker - von Palästina über den Sudan, Jemen, den Libanon, die kurdischen Gebiete bis zum Kongo. Diese Kriege dienen macht und Profit, nicht der Verteidigung.
Auch für den Krieg im Nahen Osten gibt es keine militärische Lösung: Niemals darf ein Menschenrechtsverbrechen als Rechtfertigung für ein anderes Menschenrechtsverbrechen herangezogen werden. Wir verurteilen die islamistische Hamas und fordern die sofortige Freilassung aller Geiseln. Gleichwohl stellen der anhaltende Genozid gegen die Palästinenser*innen durch die israelische Regierung und ihre Besatzungspolitik einen kontinuierlichen Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechtskonvention dar.
Daher fordern wir die internationale Gemeinschaft zum sofortigen handeln auf, um Druck auf die israelische Regierung auszuüben, den Völkermord und die Besatzung in Gaza zu beenden.

Nein zur Militarisierung Deutschlands!
Die Bundesregierung treibt die Hochrüstung voran, spricht offen von "Kriegstüchtigkeit" und die EU plant die sog. "Wiederaufrüstung Europas" mit nahezu 800 Mrd. Euro. Das wird die Inflation anheizen und künftige Generationen belasten. Das bedeutet: weiterhin steigende Armut, kaputte Infrastruktur und fehlender Wohnraum - während die Profite der Rüstungskonzerne explodieren.

Entspannung statt Aufrüstung!
Ab 2026 könnten US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland stationiert werden, die es den USA ermöglichen, in Minutenschnelle strategische Ziele in Russland zu zerstören. Rusland wird darauf reagieren und ebenfalls Waffen auf Deutschland richten, während die Entscheidung über den Einsatz der Waffen bei einem amerikanischen Präsidenten, derzeit Donald Trump, liegt.

Fluchtursachen bekämpfen - nicht die Geflüchteten!
Krieg, Verfolgung und Hunger treiben Millionen Menschen in die Flucht, doch Europa reagiert mit Abschottung statt Hilfe. Geflüchtete benötigen sichere Fluchtwege und Zufluchtsorte, nicht Abschreckung und Ausgrenzung. Insbesondere Kriegsdienstverweigerer und Deserteure brauchen unsere Solidarität, nicht Kriminalisierung!

Kommt zum Ostermarsch und setzt ein Zeichen für eine friedliche Zukunft! [jdm]

Frieden nur durch bessere Beziehungen EU-Russland möglich – Mittelstreckenraketen sind Enthauptungswaffen

In seinem Vortrag am Dienstag, den 08.04.2025, in Leer, versuchte Reiner Braun, Mitinitiator des Berliner Appells und u. a. ehemaliger Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB), den derzeitigen Rüstungswahn in die Entwicklungen auf der Welt einzuordnen. Dabei identifizierte er fünf Politikfelder näher.

Erstens sei nach ca. 80 Jahren das weltweite Freihandelssystem zusammengebrochen. US-Präsident Trumps Zölle brächten bisherige Handelsbeziehungen zum Einsturz. Das kleine Lesotho wurde von den USA mit 50%-Zöllen belegt, weil es ein Handelsdefizit zwischen den USA und Lesotho von 234,5 Millionen Dollar, das fast allein durch den Jeans-Export in die USA erwirtschaftet wird, gibt. Die EU verklagte Indonesien vor der Welthandelsorganisation, weil das Land im Jahr 2020 das Ausfuhrverbot von Nickel verschärft hatte, um mit dem Aufbau einer Verarbeitungsindustrie für den Batterierohstoff das Land zu entwickeln. Die Welthandelsorganisation erklärte dieses Verbot nun für unrechtmäßig.

Die Ideen von einer gerechten Weltwirtschaftsordnung, die in den 1980er Jahren entwickelt wurden, seien vergessen. Es gelte aber, für eine friedliche Welt Kooperationen der Vernunft weltweit wieder aufzubauen. Die Zusammenarbeit mit Russland und China werde auch für die Entwicklung alternativer Energien gebraucht.

Zweitens reden derzeit die USA und Russland über einen Friedensprozess. Das Interesse der USA bestehe wohl hauptsächlich darin, einen Keil zwischen Russland und China zu treiben, weil es sich in einem Wettbewerb mit dem Hauptfeind China sehe. Es gehe um Interessenpolitik der beiden Mächte und es sei logisch, dass beide miteinander verhandeln, denn der Ukrainekrieg sei eindeutig ein Stellvertreterkrieg der USA, wie der Artikel in der New York Times vom 29.03.2025 anschaulich belege. Es bestehe zumindest die Chance auf einen Kalten Frieden in der Ukraine, auch wenn es noch nicht zu einer umfassenden Friedenslösung komme.

Drittens erleben wir eine noch nie gekannte Aufrüstung in Europa. 800 Mrd. Euro wolle die EU aufbringe, obwohl der Lissabonner Vertrag der EU keine eigene Rüstungspolitik erlaubt. Deutschland und Frankreich wollen in die Entwicklung eines Kampfpanzers rund 100 Milliarden Euro aufwenden.

Viertens handele es sich bei dem deutschen Aufrüstungsprogramm um noch nie dagewesene unlimitierte Kriegskredite. Zusammen mit den Corona-Schulden und den noch immer vorhandenen Schulden für die Bankenrettung erzeuge dies einen Zinszahlungsdruck, der sich sehr bald in massivem Abbau von Sozialleistungen aller Art zeigen werde. Heute klage man über dreckige Schultoiletten, aber in einigen Jahren werde man über eine äußerst desolate Schulsituation und Hochschulen mit hohen Studiengebühren klagen. Alle Reformen der Sozialdemokraten des letzten Jahrhunderts, die einen allgemeinen Anspruch auf breite Bildung begründeten, würden wieder rückgängig gemacht werden.

Und fünftens sei noch die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu erwähnen, die die Jugend des Landes zu potentiellem Kanonenfutter mache, aber auch von dieser Jugend in übergroßer Mehrheit abgelehnt werde.

Die Frage stelle sich, warum geschehe das Ganze? Man habe doch anderes zu tun. Es gebe eine Milliarde hungernde Kinder auf der Welt. Für eine Klimaresilienz seien 100 Mrd. € dringend erforderlich. Das Geld dafür werde nicht aufgebracht, sondern das Mehrfache gehe in die Aufrüstung.

Ursache dieser Entwicklung sei die Veränderung der Kräftekonstellationen. Die unipolare, nur von den USA bestimmte, Weltordnung sei zu Ende. Seit den 1980er Jahren habe sich der Anteil der USA am weltweiten Bruttosozialprodukt halbiert, die EU verliere massiv an Einfluss. Früher stammte ein Drittel aller Patente weltweit aus der EU, jetzt nur noch 15%. China sei innerhalb von 30 Jahren je nach Zählweise zur 1. bzw. 2. wirtschaftlichen Macht aufgestiegen. Indien liege auf dem 3. Platz. Von den 10 größten Containerhäfen liegen 7 in China. Dort sind die Hochschulabschlüsse in den MINT-Fächern 5-6 mal so hoch wie in der EU. Indonesien werde demnächst Deutschland in der Rangliste verdrängen

Die BRCS+ Staaten seien bedeutender als die G7-Staaten. Diese Ländern setzten auf Technologiepartnerschaft, auf eine eigene Internationale Bank und auf innere Konfliktlösungen. Indien und China hätten ihre Grenzstreitigkeiten nachhaltig beigelegt.

Die Welt sei multipolar geworden. Das sei keine Welt, in der sich alle lieben. Aber die neuen großen Wirtschaftsmächte sähen sich selbst zwar in Konkurrenz zueinander, aber kooperierten gleichzeitig, wenn es einen beiderseitigen Vorteil gebe. Und damit werde die Welt hoffentlich friedlicher.

In der Geschichte sei außer dem sozialistischen Block 1990 noch nie eine Weltmacht friedlich abgetreten. Jetzt gebe es einen Konflikt zwischen den ab- und aufsteigenden Mächten. Die USA und die EU versuchten ihre schwindende Macht durch eine Ausweitung militärischer Macht auszugleichen.

Und daraus resultierten vor allem drei große Gefahren. Der Ukrainekrieg könne angesichts der Bemühungen der EU immer noch zu einem Atomkrieg eskalieren. In Westasien (Nahost) steigen die Spannungen, nicht nur in Israel/Palästina, auch im Irak und Iran, wo eine Konfrontation zwischen USA und Russland/Iran bestehe. Und im Südchinesischen Meer erhöhe die Politik der Einkreisung Chinas durch die USA, deren 6. und 7. Armee vor China aktiv sei, ebenfalls die Atomkriegsgefahr.

Neben diesen drei Krisenherden gebe es weitere 20 Kriege und 200 Konflikte weltweit, die man alle als Stellvertreterkriege charakterisieren könne.

Ein Waffenstillstand in der Ukraine werde noch etwas auf sich warten lassen. Die ukrainische Armee sei am Ende. Das Durchschnittsalter der Soldaten betrage 44 Jahre; die deutsche Wehrmacht hatte an ihrem Ende ein Durchschnittsalter von 33 Jahren. Die „Rekrutenjäger“ in der Ukraine würden mittlerweile von Ukrainern angegriffen und verfolgt. Trotzdem wolle die EU keinen Friedensprozess. Sie verhindere die Aufhebung von Sanktionen, wie z. B. die Möglichkeit Russlands zur Lieferung von Düngemittel. Und wegen des Umgangs von Frankreich und Deutschland mit den beiden Verträgen Minsk I und Minsk II werde sich Russland auf keinen Vertrag einlassen, der keine klaren Sicherheitsgarantien beinhalte.

Ohne eine Verbesserung der Beziehungen zwischen EU und Russland sei kein Frieden möglich. Die Konsequenz der EU aus dieser Entwicklung in der Ukraine sei aber leider: Noch mehr vom Falschen.

Und das Schlimmste vom Falschen sei die Stationierung von Mittelstreckenraketen, bei deren drei Elementen es sich um Erstschlagswaffen und Enthauptungswaffen handele. Die SM6 habe eine Geschwindigkeit von 2500 Km/h und sei schwer vom Radar zu erfassen. Der Marschflugkörper Tomahawk ist sowohl atomar, als auch konventionell bestückbar und unterfliegt das Radar. Die Mittelstreckenrakete Dark Eagle ist mit bis zu 17-facher Schallgeschwindigkeit kaum zu stoppen.

Diese Waffen sind in der Lage, Russland zu enthaupten und einen Gegenschlag zu verhindern. Die Behauptung, diese Raketen seien eine Antwort auf russische Iskanderraketen, sei vollkommen absurd. Es handele sich hier um eine ganz andere Kategorie der Bedrohung.

Eine Alternative zu dieser gefährlichen und menschheitsbedrohenden Überrüstung könne nur in einer Politik der gemeinsamen Sicherheit liegen. Sicherheit gebe es nur im Doppelpack mit Dialog und gegenseitiger Rüstungskontrolle.

Im letzten kalten Krieg zwischen Nato und Warschauer Pakt sei eine Aufweichung der starren Fronten durch vertrauensbildende Maßnahmen gelungen. 1962 habe diese Entwicklung mit dem ersten Passierscheinabkommen in Berlin begonnen.

Egon Bahr habe in seinen Memoiren geschrieben, er habe immer versucht, die Russen zu verstehen. Es sei immer die Frage, was will die andere Seite damit bezwecken und wie kann man die negative Maßnahme überflüssig machen.

Damit dieser Prozess hier in Gang kommt, müsse man zunächst der Russophobie entgegen wirken. Der Bedrohungslüge müssten Fakten entgegengehalten werden:

1. sei die Nato Russland auch ohne die USA militärstrategisch überlegen: Es gebe mehr Soldaten, mehr Waffen, mehr Geld auf der Natoseite.

2. sei sei die Nato auch technologisch überlegen. Russland versuche bei der Kriegstechnik mitzuhalten, aber letztlich reiche das nicht.

3. gebe es keinen Grund bzw. keine materiellen Interessen, die Russland zu einem Angriff auf Westeuropa verleiten könnten. Das Land habe Rohstoffe aller Art, es könne mit der riesigen EU-Bevölkerung nichts anfangen. Die EU sei für Russland vor allem als Handelspartner interessant.

4. sei die russische Armee nicht angriffsfähig. Sie habe es gerade geschafft, kleine Bereiche der Ukraine mit großen Verlusten und mit großem materiellen Einsatz zu erobern. Ein erfolgreicher Angriff gegen EU-Länder liege außerhalb ihrer Möglichkeiten.

Für die Friedensbewegung sei es wichtig, ihre Anliegen und Argumente bei den Ostermärschen der Bevölkerung nahe zu bringen. Die Friedensbewegung sei im Konsens mit der Mehrheit der Staaten und Bevölkerungen weltweit. In Deutschland sei das leider nicht so. Noch unterstütze eine Mehrheit den Aufrüstungswahnsinn der Regierung.

Es gelte die antirussische Phobie zu bekämpfen und deutlich zu machen, dass der Aufrüstungskurs unser Sozialsystem pulverisieren wird, weil für die Rüstungskredite jährlich Zinszahlungen von weit über 100 Mrd. € anfallen werden. Das Geld müsse irgendwoher kommen.

Hoffnungen, dass die Rüstungsindustrie das sich anbahnende ökonomische Desaster bekämpfen könne, seien illusorisch. Mit Waffen werden keine Produkte geschaffen, die der Gesellschaft nützen, sondern es wird ökonomisch Schrott erzeugt. Man müsse sich auch klar machen, dass es eine deutsche Rüstungsindustrie nicht gebe. Die Mehrheit der Aktionäre bei Rheinmetall seien z. B. US-Pensionsfonds. 65 % aller Waffen stammen aus den USA. Deutsche Rüstungskäufe nützten also nur dem US-Finanzkapital. [jdm]

Siehe auch:

Schriftliche Stellungnahme von Reiner Braun zur Vorbereitung der öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zur Grundgesetzänderung

Wie real ist die russische Bedrohung? Artikel in Le Monde diplomatique

Die Allmacht der Information

Information als Kriegstreiber in der Geschichte der USA

Ulrich Scholz

“You furnish the pictures, and I'll furnish the war." (Sie liefern mir die Bilder, und ich liefere den Krieg) – Diesen berühmten Satz kabelte William Randolph Hearst, Besitzer und Herausgeber des New York Journal, an seinen Angestellten, einem Maler, der für ihn auf Cuba Bilder zeichnen sollte, die das brutale Besatzungsregime der spanischen Kolonialmacht belegten. Dieser hatte ihm zuvor gemeldet, dass alles friedlich und ruhig sei. Es gäbe nichts zu tun, und er wolle wieder nach New York zurückkehren. Der Hearst Angestellte wollte nach Hause, also bekam sein Chef die Bilder, die er brauchte. Als dann das US-Kriegsschiff, die USS Maine, bei einem Aufenthalt im Hafen von Havanna explodierte (15. Februar 1898), machten die Kriegsbefürworter in den USA Spanien für diesen Angriff verantwortlich (später stellte sich heraus, dass ein Schwelbrand in einem der Kohlebunker die Explosion ausgelöst hatte). Die aggressive Anti-Spanien Berichterstattung der Hearst-Presse tat ihr Übriges. Eine in der Mehrheit auf Frieden gestimmte amerikanische Öffentlichkeit und die auf Mäßigung ausgerichtete US-Administration schwenkten um. Man erklärte Spanien den Krieg (25. April 1898). Er dauerte 10 Wochen und endete mit dem Friedensvertrag von Paris. Die USA bekamen die spanischen Kolonien Kuba, Puerto Rico und die Phlippinen in ihren Besitz. Dieses historische Beispiel ist ein Schlüsselloch. Wenn man hindurchschaut, bekommt man eine Sicht auf die Allmacht von Information, die nicht einfach daherkommt und auftragsgemäß von einer freien Presse veröffentlicht wird, sondern immer schon von Interessengruppen gezielt benutzt wurde, um Ziele zu verfolgen. Beim Militär hieß es früher Information Warfare. Wenn der Gegner sich ihrer bedient, nennt man es Spionage, Propaganda und Zersetzung, auf der eigenen Seite spricht man von Aufklärung, Nachrichten und psychologischer Kriegführung.

Information, die Kriege verlieren lässt

Nach dem Vietnamkrieg (1965-1973), der von den USA an der Informationsfront verloren wurde, begriffen die Amerikaner „Information“ als einen Kriegsraum der besonderen Art. Der Gegner, das kommunistische Nordvietnam, hatte immer wieder verlustreiche Kriegsoperationen in Szene gesetzt, um die amerikanischen Bevölkerung durch die damals noch ungefilterte Berichterstattung vom Leiden und Sterben, die ihr Abend für Abend im Fernsehen gezeigt wurde, zu schockieren. Sie taten ihre Wirkung. Der Druck der öffentlichen Meinung hat die US-Regierung gezwungen, ihr Kriegsengagement über Verhandlungen zu beenden. In der Folge haben Thinktanks des US-Militärs Information als Waffe wissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis ist die US-Militär Doktrin „Information Operations“. Die NATO hat sie in ein eigenes Dokument übernommen. In den Kriegsoperationen der USA, anderer NATO-Länder und der der NATO (Irak, Libyen, Afghanistan, der Falklandkrieg, Drohnenkrieg) kamen sie voll zur Anwendung. Menschliche Leiden der Kampfhandlungen wurden nicht gezeigt. Der Ukraine-Konflikt ist das aktuelle Beispiel dafür. Er zeigt, dass „Information Operations“ nicht nur im Krieg zur Anwendung kommen, sondern ein integraler Bestandteil politischen (und wirtschaftlichen) Handelns geworden sind. Wenn man die US/NATO Doktrin studiert, wird das konkrete Handeln der USA und ihrer NATO-Verbündeten gegenüber Russland im Informationsraum offensichtlich.

Information als universelle Waffe

„Information Operations“ besteht eben nicht nur aus dem militärischen Ausspähen des Gegners mittels Satelliten, Drohnen und geheimdienstlicher Nachrichtengewinnung sowie durch den physischen Einsatz gegen dessen Aufklärungssysteme (stören und zerstören), sondern hat auch und vor Allem darin das Ziel, die Hirne von Menschen zu beeinflussen. Man will nicht nur auf den Gegner Einfluss nehmen, sondern auch auf die politische und öffentliche Meinungsbildung im eigenen Lager. Das ist in einer Demokratie mit einer freien Presse nur möglich, wenn man moralisch/ethische Argumente ins Feld führt und Angst schürt. Wenn das gelingt, kann man auch demokratische Gesellschaften für Krieg und Aufrüstung gewinnen. In diesem Sinne erleben wir gerade eine Wiederauflage des US-spanischen Krieges, wie eingangs vorgestellt. Dabei geht es immer nur um Interessen! – Geo-politische Interessen von Staaten und denen der Nutznießer, wie zum Beispiel der Rüstungsindustrie, dem militärischen Establishment (hier der Bundeswehr) und einer Presse, die sich über Clicks im Internet wichtig machen will. Ein Beispiel von deren „Information Operations“ wird an folgendem aktuellen Beispiel offensichtlich.

Information im Ukrainekrieg

In einem Artikel von FOCUS vom 27.04.2025 mit dem Titel „Generalinspekteur beklagt deutsche Realitätsverweigerung“ wird von einer Sicherheitstagung des Bundesamt für Verfassungsschutzes berichtet. Beiträge des Sicherheitsdienstes wie Drohnensichtungen über Kasernen und Industrieeinrichtungen, die Verschmutzung der Wasserversorgung eines deutschen Kriegsschiffes, das Hacken des Handys eines Soldaten, der in der Ausbildung von ukrainischen Soldaten tätig war, versuchte Brandanschläge auf kommerzielle Einrichtungen in Litauen und Polen und Hackerversuche gegen Behörden und sicherheitspolitische Veranstaltungen werden durchaus als kriminelle Einzeltaten vermutet, die es kriminaltechnisch zu untersuchen gilt. Diese Einzeltaten sind dem Phänomen einer aufheizten Atmosphäre wie dem Ukrainekrieg geschuldet. Die Motivation von politischen Wirrköpfen und kriminelle Energie haben dazu geführt. Die Presse hat von Anfang an durch ihre „Kriegsberichterstattung“ dazu ihren Beitrag geleistet. Wenn jetzt der Generalinspekteur der Bundeswehr dabei geht und sie instrumentalisiert und diese Ereignisse zu einem Informationspaket schnürt, um eine russische Bedrohung zu konstruieren, dann ist das ein klassisches Beispiel für „Information Operation Operations“. Russische „Information Operations“ haben, ähnlich die der USA, andere effektivere Möglichkeiten, um in einem Krieg zu ihrem Vorteil Informationen zu sammeln und zu nutzen. Die vorgetragenen Beispiele sind dabei eher zu ihrem Nachteil. Warum sollte Herr Putin auf der „Mülleimerebene“ so agieren?

Information, Hure für Partialinteressen

Der Generalinspekteur der Bundeswehr will keinen Krieg. Ihm geht es um die politische und öffentliche Bereitschaft zu mehr Rüstung. Die braucht er, um seiner Bundeswehr zu mehr Wachstum zu verhelfen und nicht zuletzt seinem Prestige zu dienen. Herr Hearst ist guter Gesellschaft. Mir ging es darum, deutlich zu machen, dass Interessen das treibende Element für Informationspolitik sind. Die ist nicht zufällig, sondern folgt der Doktrin von „Information Operations“. Es gibt noch mehr Beispiele dafür, auch aus der zivilen Welt. Darüber zu informieren habe ich vor einigen Jahren eine Präsentation aufgelegt. Wenn es Sie interessiert, können Sie sie buchen. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Vortrag von Reiner Braun am 8. April in Leer

Die Aufstehen-Ortsgruppe Ostfriesland lädt am Dienstag, den 8. April um 18:00 Uhr ins Hermann Lange Haus der Kath. Kirche, Saarstr. 15, in Leer zu einem Vortrag von Reiner Braun ein. Braun ist Mitinitiator des Berliner Appells und u. a. ehemaliger Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB). Die Veranstaltung sollte bereits mit Februar stattfinden, scheiterte dann aber am Bahnchaos als Folge eines Verkehrsunfalls.

Das Thema der Veranstaltung lautet "Keine neuen US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland! Von deutschem Boden darf nur Frieden ausgehen!"

Im Vortrag und in der Diskussion geht es darum, wie es zu der vorgesehenen Stationierung der Mittelstreckenwaffen kommt. Was würde das für uns bedeuten? Wäre ein erfolgreicher Berliner Appell ein Schritt gegen die „Kriegstüchtigkeit“? Wo können wir dazu beitragen, diese Stationierung zu verhindern? [jdm]

500 Milliarden Euro für ,Infrastruktur‘ ist nicht für Krankenhäuser, sondern für Aufmarschkorridore gen Osten gedacht

„Deutschland sollte Autobahnen bauen“ – so formulierte es Ben Hodges, bis Ende 2017 Oberbefehlshaber der amerikanischen Landstreitkräfte in Europa. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine betonte er: „… Im Bereich Logistik und Streitkräfte ist Deutschland der Nukleus des Kontinents und der Nato, ohne die Bundesrepublik bewegt sich buchstäblich gesagt in der Verteidigung Europas wenig. […] Im Falle eines Konflikts etwa im Osten Europas würden die Truppen etlicher Nato-Mitgliedstaaten Deutschland durchqueren, und die brauchen ‚panzerfitte‘ Straßen, aber auch Strom- und Internetversorgung.

Wie Ursula Trescher und Hermann König in der IMI-Analyse 2025/11 schreiben, fordern Militärs, die A 20 in Richtung Westen zu verlängern – mit einem gigantischen Elbtunnel 30 km nördlich von Hamburg. Die Deutsche Verkehrszeitung berufe sich in ihrem Artikel „A 20: Deshalb ist ihr Weiterbau erforderlich“ auf Oberst Axel Schneider, Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein: „Am Ende müsse sichergestellt sein, dass durchgängig mehrere hunderttausend Soldatinnen und Soldaten, gleich welcher Nation, vor dem Hintergrund der sogenannten ‚Drehscheibe Deutschland‘ auf unterschiedlichen Wegen versorgt werden und an der Ostflanke des Nato-Bündnisses aufmarschieren können.

Stettin ist der Endpunkt der sogenannten „Küstenautobahn“ A 20, die 1991, gleich nach der deutschen Einheit, als „Lückenschluß“-Projekt vom Lübecker Raum, an Rostock vorbei, entlang der Küste von Mecklenburg-Vorpommern in West-Ost-Richtung geplant und gebaut wurde. Im Oktober 2024 wurde in Rostock das „Commander Task Force Baltic“, ein neues taktisches Hauptquartier der deutschen Marine, eingerichtet. Es übernimmt für die NATO die Führungsrolle bei der Überwachung des Ostseeraums bei der Planung und Koordinierung von Einsätzen und Manövern. In diesem Jahr nimmt die Panzerbrigade 45 in Litauen ihren Dienst auf, die erste deutsche Kampfbrigade, die dauerhaft im Ausland steht. Bis 2027 soll sie auf 5000 Soldaten und Soldatinnen anwachsen. Auch hier beansprucht Deutschland eine „Führungsrolle“. Für die Landanbindung dieser Einrichtungen liegt die A 20 günstig. [jdm/IMI]

Erst die Wehrpflicht, dann der Heldentod – Grüner Neusprech: Zwangsdienst als Freiheitsdienst

Die schwarz-roten Kriegsparteien CDU/SPD wollen offensichtlich die Wehrpflicht einführen. Die CDU setzt auf Zwang; die SPD ziert sich noch etwas und redet von freiwilligen Lösungen. Die Kriegsbeauftragte des Bundestages Eva Högl (SPD) nennt den Vorschlag des Kriegsministers Pistorius, dass Männer verpflichtet werden sollen, einen Fragebogen zurückzusenden, „einen leichten Zwang einbauen“.

Der Bundespräsident, der den von den USA verschleppten Murat Kurnaz in Guantanamo verrotten ließ ohne etwas zu tun und der im Irakkrieg die Amerikaner trotz offizieller Ablehnung des Irakkriegs mit Geheimdienstnachrichten füttern ließ, ist für mehr: Er wirbt für ein verpflichtendes „Gesellschaftsjahr“. Er will also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens Kanonenfutter für den Krieg und zweitens billiges Personal für den Sozialbereich. Denn der kann ja nicht mehr finanziert werden, weil das ganze Geld in die Rüstung geht.

Den kriegsgeilen Grünen ist das alles nicht genug. Sie wollen einen verpflichtenden „Freiheitsdienst“ für alle zwischen 18 und 67. Dass sie allen vorschreiben wollen, was sie zu tun haben, ist man von den Grünen gewohnt. Und dass sie den Begriff „Freiheit“ für einen Zwangsdienst rekrutieren, zeigt, dass das grüne Personal für die Propaganda von den US-Think-Tanks bestens angelernt wurde.

Die volle Einbeziehung von Frauen wird derzeit noch durch das Grundgesetz verboten. Doch wir haben in den letzten Wochen erfahren, dass das Grundgesetz für die Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne nur ein Fetzen Papier ist. Für die Wehrpflicht bekommen sie auch die Unterstützung der AFD – also was soll’s.

Und warum braucht Deutschlands Militär unbedingt so viel Personal? Wegen dem Russen? Mal nachrechnen!

Derzeit verhält es sich laut Statista wie folgt: Zählt man alle aktiven Soldaten, die Reserveeinheiten und paramilitärischen Verbände zusammen, kommt die NATO auf eine Soldatenstärke von 8,7 Millionen Mann. Auf russischer Seite sind es 3,5 Millionen. Die NATO verfügt über rund 3.300 Jagdflugzeuge, Russland über 830, usw. usw.

Nicht genug? Für wen nicht? Für Rheinmetall und Konsorten oder für diejenigen, die Revanche für die beiden letzten verlorenen Weltkriege wollen? [jdm]

IMI-Analyse: Mit einer Billion Euro in den Krieg – 15 Punkte, über die wenig berichtet wurde

Während in der Presse die Entscheidung des Bundestags über die unbegrenzten Rüstungsmilliarden und das Infrastrukturprogramm nur unter dem Aspekt der Verschuldung berichtet wird, reden die Kriegspolitiker von CDU/SPD/Grünen nur über eine angebliche Bedrohung und die angeblichen Wohltaten des Infrastrukturprogramms. Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung e. V. gibt in der IMI-Analyse 2025/09 fünfzehn Aspekte zu bedenken. Hier die Zusammenfassung seiner Analyse:

1. Das Infrastrukturprogramm und die Rüstungsmilliarden sind zwei Seiten einer Medaille, denn sonst könnte, ähnlich wie einst in der Bankenkrise, in der Bevölkerung das Gefühl aufkommen, „für Panzer ist Geld da, aber nicht für mich“. (Süddeutsche Zeitung, 12.03.2025)

2. Das so genannte Finanzpaket von 500 Milliarden Euro ist mitnichten ein rein ziviles Infrastrukturprogramm. Der ehemalige FDP-Verkehrsminister hat es in einer Sendung mit Sandra Maischberger in der ARD gesagt: „Hinzukommt, dass die Infrastruktur Teil unserer Sicherheitsarchitektur ist. Viele übersehen, dass die zivilen Infrastrukturen auch für militärische Mobilität erforderlich sind. Und Deutschland ist ein wichtiges Transitland für die NATO.“

3. Das Infrastrukturprogramm hat mit dem schon etwas länger beschlossenen „Operationsplan Deutschland“ („OPLAN DEU“) zu tun, einem geheimen Dokument, das die zivil-militärische Zusammenarbeit und insbesondere ein Funktionieren der Logistik und der Transportmöglichkeiten für die Bundeswehr und andere NATO-Armeen konkret regelt und das gerade Stück für Stück implementiert wird. Es geht darum, dass ein Aufmarsch nach Osten über die Infrastruktur in Deutschland erfolgen soll. Der „Operationsplan Deutschland“ soll auch in den Kommunen umgesetzt werden.

4. Hätte das Billionen-Infrastruktur- und Rüstungs-Paket parlamentarisch verhindert werden können? Dazu ein schlichtes Ja, im Bundesrat hatten die Landesregierungen, die das Doppelpaket befürworten, keine ausreichende Mehrheit. Zuerst fielen die Freien Wähler (FW), Regierungspartner in Bayern, um. Dass dann auch noch die Regierungsvertreterinnen der LINKEN in den Koalitionen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern – entgegen den Beschlüssen der Partei – zustimmten, ist nur noch peinlich.

5. Es ist offensichtlich: Kürzungen in anderen Bereichen als dem militärischen (Sozialkürzungen) werden von der Koalition CDU/CSU/SPD trotzdem kommen, weil „neben“ dem Investitionspaket und den Rüstungsmilliarden der „normale“ Haushalt finanziert werden muss.

6. Von den Infrastruktur-Milliarden fließen – „dank“ der Grünen – umfangreich Gelder in Waffenlieferungen, insbesondere in die Ukraine.

7. Bei allen angeschafften Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern ist der Rüstungsexport ein wesentlicher Bestandteil der Planungen und der Durchführung der Beschaffungen. Die jetzigen hunderte von Rüstungsmilliarden sind also ein Durchlauferhitzer für viele weitere Rüstungsexporte in den nächsten Jahren in alle Welt, auch völkerrechtswidrig in Kriegen z.B. bei der Türkei oder Israel.

8. Bei den jetzigen Rüstungs-Milliarden soll der Schwerpunkt auf Rüstung aus der EU und befreundeten Staaten liegen. Es gibt aber keine „europäische“ Rüstungsindustrie, weil die Konzerne und die Produkte weltweit vernetzt sind.

9. Die Freigabe der Gelder für die Rüstung ist das eine. Viele Rüstungsprojekte haben eine Vorlaufzeit von 5 bis 12 Jahren. Wenn die geopolitische Situation sich dann geändert hat, wird trotzdem weiter aufgerüstet.

10. Betriebe, die bisher anderes hergestellt haben, werden auf Rüstungsproduktion umgestellt.

11. Es wird offen geplant und davon gesprochen, die Wirtschaft in der EU in Richtung „Kriegswirtschaft“ umzubauen. Insgesamt sollen in den kommenden vier Jahren 800 Milliarden Euro für Rüstung mobilisiert werden.

12. Es wird eine Umstrukturierung von Krankenhäusern auf „Kriegstüchtigkeit“ geben.

13. Politische und parlamentarische Kontrolle der vielen nun folgenden Rüstungsprojekte ist dringend vonnöten, wird bei der finanziellen Dimension und Größendimension immer schwieriger.

14. Es ist weiterhin mit der Stationierung der verschiedenen US-Mittelstreckenwaffen zu rechnen. Was häufig nicht erwähnt wird, ist, dass geplant ist, diese US-Mittelstreckenwaffen mittelfristig durch „eigene“ „europäische“ Mittelstreckenraketen zu ersetzen.

15. Wer glaubt Politik in anderen Bereichen machen zu können, ohne etwas mit diesen Rüstungs-, Militär- und Geopolitik-Fragen zu tun haben zu müssen, hat sich spätestens nach dem Beschluss über die de facto 1 Billion Euro für Infrastruktur und Rüstung geschnitten. Die Dimension der beiden Pakete ist so enorm und so umfangreich, dass bei jeder anderen politischen Frage, die etwas mit Finanzierung und politischen Prioritäten zu tun hat, und welche hat das nicht, dieses Billionen-Paket im Raume steht. Es ist eine Entscheidung, die aufgrund der großen Dimension mehrere Generationen betreffen wird. Und es ist eine Entscheidung, bei der man nur dafür oder dagegen sein konnte oder kann. [jdm]

2014 wie 2025: Nein zu Kriegskrediten!

Nein zu Kriegskrediten: BSW im Bundestag
Foto: Screenshot Bundestag

Bevor die Sozialdemokraten am 04.08.1914 den Kriegskrediten zustimmten, mit denen das deutsche Reich den 1. Weltkrieg los trat, führte die SPD ein billiges Theater auf. Ihre Reichstagsabgeordneten weigerten sich, an der Reichstagssitzung teilzunehmen, weil der Kaiser die einleitende Rede nicht im Reichstagsgebäude, sondern im Königlichen Schloss hielt. Die SPD versuchte damit ihre Anhänger zu täuschen, die noch am 25. Juli einem Aufruf des SPD-Vorstandes gefolgt waren: „Wir wollen keinen Krieg! Nieder mit dem Kriege! Hoch die internationale Völkerverbrüderung!“

Nach der Kaiserrede wurde die Sitzung im Reichstag fortgesetzt, wo dann auch die Sozialdemokraten teilnahmen. Ihr Fraktionsvorsitzender ließ verlauten: „Wir lassen in der Stunde der Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich. Wir fühlen uns dabei im Einklang mit der Internationale, die das Recht jedes Volkes auf nationale Selbständigkeit und Selbstverteidigung jederzeit anerkannt hat, wie wir auch in Übereinstimmung mit ihr jeden Eroberungskrieg verurteilen.“

Anschließend stimmten alle Parteien dem „Gesetz, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushaltsetat für das Rechnungsjahr 1914“, also Kriegskrediten in Höhe von fünf Milliarden Mark sowie weiteren 17 „Kriegsgesetzen“ in drei Lesungen in einer knappen Viertelstunde zu.

Die wenigen Kriegsgegner in der Partei beugten sich der Fraktionsdisziplin. Erst bei der zweiten Kriegskreditabstimmung im Dezember 1914 stimmte Karl Liebknecht als einziger Sozialdemokrat offen dagegen.

Ergebnis der Vaterlandsverteidiger: Von 1914 bis 1918 kostete der Weltkrieg rund 17 Millionen Menschen das Leben. Millionen andere erlitten teils schwerste Verletzungen.

Heute wurden auch Kriegskredite im selben Gebäude wie 1914 beschlossen. Wahnwitzige 500 Mrd. € sollen in die Aufrüstung gesteckt werden, um einen Krieg gegen Russland zu führen – natürlich nur zur Verteidigung – wie 1914!

Wie 1914 wurde Russland durch Deutschland so lange provoziert, bis es in einen Krieg eintrat. Und obwohl die Ukraine danieder liegt und die Menschen dort den Frieden herbeisehnen, sorgen Deutschland und die EU-Länder dafür, dass das Töten weiter geht und die Spannungen zu Russland weiter eskalieren. Dass es schon lange nicht mehr um die Ukraine geht, sondern um einen Aufmarsch gegen Russland wird nicht einmal mehr notdürftig kaschiert.

Sarah Wagenknecht am 13.03.2025

Am 13.03.2025 hat Sarah Wagenknecht in ihrer Bundestagsrede die Kriegskredite verurteilt und auf die Täuschung durch den angeblich so bedeutsamen Infrastrukturfonds hingewiesen.

Heute hat die BSW-Gruppe mit ihrer Plakataktion die Parallelität zwischen 1914 und 2025 deutlich gemacht. Hoffen wir, dass diese heute verabschiedeten Kriegskredite es nicht unmöglich machen, dass in 111 Jahren überhaupt noch jemand an dieses Datum erinnern kann. [jdm]

Kriegskredite beschlossen – Mit grüner Tarnfarbe

Der angebliche Finanzpaket-Kompromiss hat mit einem „Kompromiss“ nichts zu tun, sondern ist das vorhersehbare (und von uns vorhergesagte) Ergebnis des Theaterspiels der drei Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne.

Greenpeace-Studie: Vergleich der militärischen Potentiale der Nato und Russlands

Alle drei Parteien haben einen Weg gesucht, wie sie vor der Bevölkerung vertuschen können, dass sie den Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland zu Gunsten eines kriegstüchtigen, waffenstarrenden, Weltmachtansprüche erhebenden, Militärstaates umwandeln wollen.

Vehikel Nr. 1 für diese Vertuschung ist der so genannte Infrastrukturfonds. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass mit diesem Fonds nicht in Investitionen investiert werden soll, sondern dass damit eher eine Obergrenze für zukünftige Investitionen festgelegt wird. Die Grünen hegen diese Befürchtung auch und haben deshalb in ihrem „Kompromiss“ festlegen lassen, dass Ausgaben aus dem Infrastrukturfonds nur getätigt werden dürfen, wenn im Kernhaushalt bereits angemessene Investitionen eingeplant sind. Das ist nur ein Scheinkompromiss, denn im Kernhaushalt wird es immer irgendwelche Ausgaben für Schulen, Straßen usw. geben. Allein schon die nach Osten geplanten Militärstraßen dürften als Investitionen im Kernhaushalt auftauchen. Die Forderung der Grünen bedeutet also praktisch nichts – außer, dass die Grünen zusätzliche Investitionen sehr ungern sehen würden. Aber da sind sie sich mit der CDU sowieso einig.

Auch das „Klimapaket“ hat praktisch keine Bedeutung, weil es denselben Mechanismen wie der gesamte Infrastrukturfonds unterliegt.

Das, was den Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne eigentlich am Herzen liegt, ist die unbegrenzte Aufrüstung. Dieser Wunsch ist Zeichen des wiedererwachten Größenwahns der Westeuropäer und speziell der Deutschen, die immer noch glauben, sie müssten als eine Großmacht der Welt diktieren, wo es lang geht. Und natürlich gibt es die Rüstungslobbyisten wie Strack-Zimmermann oder Friedrich Merz, denen warm ums Herz wird, wenn sie die phantastischen Renditen der Rüstungsunternehmen sehen. (Geschäftsbericht Rheinmetall: ·  Operatives Ergebnis klettert um 61% und erreicht mit 1.478 Mio. EUR einen neuen Rekordwert (Vorjahr 918 Mio. EUR). ·  Operative Marge im Konzern steigt auf 15,2% und erreicht im Defence-Geschäft sogar 19%.)

Die Schuldenbremse soll bleiben, aber für Rüstungsausgaben nicht gelten. Das ist schon schlimm genug. Aber die Grünen mussten noch einen drauf setzen und ließen in den „Kompromiss“ einfließen, dass dies auch für Ausgaben „im Zivil- und Bevölkerungsschutz, Cybersicherheit, Nachrichtendienste und die Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten“ gelten soll. Das sind zwar Bereiche, die sowieso zur Aufrüstung dazu gehören, zeigt aber wes Geistes Kind die Grünen sind. Der Ausbau des Zivilschutzes ist ein übliches Propagandamittel zur Kriegsvorbereitung, Geheimdienste sind es sowieso, und den Bombenterror des deutschen Militärs in Jugoslawien, Afghanistan oder dem Irak hätte man auch ohne den Zusatz „Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten“ als Rüstungsausgaben einordnen können.

Die offizielle Begründung für die Aufrüstung wird jetzt, wo ein Frieden in der Ukraine „droht“, mit größtmöglichem Propagandaaufwand in die Bevölkerung gedrückt. Die Ems-Zeitung hatte heute eine ganze Seite, auf der der CDU-Kriegsexperte Johann Wadephul seine platte Rüstungspropaganda loswerden konnte, assistiert wieder einmal von der NOZ-Kommentatorin Meyer-Schilf, der seit ihren Lehrjahren bei der grünen Taz die Aufrüstung nie zuviel werden kann.

Die Lüge, die immer noch und immer wieder erzählt wird, ist die, dass Russland die Ukraine völlig unprovoziert überfallen habe. Tatsache ist, dass Russland seit 2000 immer wieder vorgeschlagen hat, ein europäisches Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands zu schaffen, um so kontrolliert abzurüsten. Stattdessen dehnte sich die Nato immer weiter nach Osten aus. Mit dem Putsch gegen die ukrainische Regierung 2014 und der erklärten Absicht, die Ukraine in die Nato aufzunehmen, verschärfte sich die Situation. Noch im Dezember 2021 bot Putin den USA Gespräche über gegenseitige Sicherheit an. Aber dieses Angebot beantworteten die USA nicht einmal. Man stelle sich vor, China würde in Mexiko gegen die USA gerichtete Atomwaffensysteme stationieren, was die Antwort der USA wäre. Das ist eine einfache Vorstellung. Und die Antwort kann sich jeder selbst geben.

Wer wen bedroht, können einige Zahlen vielleicht verdeutlichen. Die USA geben bei einer Bevölkerung von 340 Mio. Menschen in diesem Jahr 895 Mrd. US-Dollar für das Militär aus, die EU-Staaten (450 Millionen Menschen) gaben im  letzten Jahr schon 352 Mrd. € aus.

Russland (143 Millionen Menschen) gibt trotz Krieg 127 Milliarden US-Dollar aus. Das derzeit wieder im Propagandabrennpunkt liegende China (1,4 Milliarden Menschen) hat beschlossen, die Rüstungsausgaben auf 231 Mrd US-Dollar zu erhöhen. Einen Vergleich der militärischen Potentiale Russlands und der Nato hat Greenpeace im November 2024 erstellt. [jdm]

Über die Verlogenheit der „Gerechten“

Ulrich Scholz
Gut-Böse-Uhr

Die seit Beginn des Ukrainekrieges öffentliche Diskussion bei uns wird von den selbsterklärten „Gerechten“ dominiert. Für jeden, der einen Funken Geschichtsbewusstsein hat und zum selbstständigen Denken fähig ist, müsste sie eigentlich unerträglich sein. Man verurteilt Russland für etwas, dessen die Westmächte genauso schuldig sind. Die größte Schuld ist die, dass wir im Westen Moral und Recht predigen und deretwegen Kriege führen und gleichzeitig unterschlagen, dass es eigentlich Interessen sind, die unser Handeln bestimmen. Das kann man nur verlogen nennen. An Beispielen aus der Vergangenheit und nicht zuletzt am Ukrainekrieg soll diese Verlogenheit deutlich werden.

Die USA erkennen den Internationalen Gerichtshof nicht an

Wussten Sie, dass die USA den Internationalen Gerichtshof in Den Haag nicht anerkennen, wenn dessen Ermittlungen gegen amerikanische Interessen gerichtet sind? – So hatte der Staat Nicaragua beim Gerichtshof gegen Aktivitäten des CIA in dessen Hoheitsgebiet geklagt, bei denen nicaraguanische Fischerboote versenkt wurden. Man hatte Aktivitäten der „Contras“, einer militärischen Organisation von ehemaligen Militärs und Machthabern gegen die demokratisch gewählte sozialistische Regierung, unterstützt, indem man Häfen Nicaraguas vermint hatte. Die Fischerboote waren auf solche Minen aufgelaufen. Die nicaraguanische Regierung klagte beim Gerichtshof auf Schadensersatz. Der urteilte 1986 zugunsten der Anklage. Die US-Regierung ignorierte das Urteil, wie sie jahrelang jede Aufforderung zur Stellungnahme ignoriert hatte. Inzwischen hat man eine Kompensation gezahlt. Regime-Change in Nicaragua wurde für das amerikanische Sicherheitsinteresse nicht mehr als notwendig angesehen. Es wich dem Interesse, als faires Mitglied der Staatengemeinschaft angesehen zu werden. Im Fall der Nichtanerkennung des Internationalen Strafgerichtshofs (auch in Den Haag) wird eine solche Verlogenheit noch deutlicher.

Die USA erkennen den Internationalen Strafgerichtshof nicht an

Die USA lehnen dessen Zuständigkeit für US-amerikanisches Personal kategorisch ab. Zur Ahndung dessen Straftaten sei allein die amerikanische Gerichtsbarkeit zuständig und ausreichend. Die Ablehnung geht so weit, dass Richter des Gerichtshofs persönlich unter Druck gesetzt werden, wenn sie Haftbefehle gegen Personen ausstellen, die amerikanischen Sicherheitsinteressen dienlich sind, wie der israelische Regierungschef Netanjahu. Gleichzeitig scheut man sich nicht, unliebsame globale Gegenspieler wie Herrn Putin vor diese Gerichte bringen zu wollen, die man für sich selbst ablehnt. Besonders verwerflich wird diese Verlogenheit, wenn Kriege unter Berufung auf Internationales Recht geführt werden (Kosovo, Afghanistan, Irak, Libyen). Man bemüht UN-Resolutionen, und wenn solche politisch nicht zu bekommen sind, bemüht man Juristen, die Legitimität und Legalität sicherstellen, indem man neue moralisch aufgeladene Begriffe wie „Humanitarian Intervention“ und „Responsibility to Protect“ erfindet. Man argumentiert mit Moral und Internationalem Recht und meint eigentlich immer nur die Durchsetzung eigener Interessen. Welche das in den genannten Kriegen waren, darüber gibt es hinreichend Literatur und soll an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Im Fall des Ukrainekrieges hat US-Präsident Trump jetzt unverblümt sein Interesse an Friedensverhandlungen offenbart, indem er vorab russische Sicherheitsinteressen anerkannt hat.

Afghanistan und unsere Unfähigkeit zum Lernen

Europäische Regierungen und noch mehr unsere Öffentlichkeit zeigen sich entsetzt. Spätestens nach dem Desaster Afghanistan muss doch allen klar gewesen sein, dass es nicht um Moral und die Durchsetzung von Internationalem Recht ging, sondern allein um die Interessen der Regierung in Washington. Als die Erreichung politischer Ziele (die Ausschaltung der Taliban und ein demokratisches Afghanistan) illusorisch wurde und der Krieg zu teuer, haben sie sich umgedreht und sind gegangen und ihre europäischen Verbündeten ganz leise gleich mit. Nach 20 Jahren Krieg, der 70 000 Zivilpersonen und 90 000 Kämpfern und Soldaten das Leben gekostet hat, herrschen in Afghanistan nun wieder die Taliban. Unter der Fahne von Moral und Recht waren die „Gerechten“ Europas mit den USA in diesen Krieg gezogen. Interessen ihrer Führungsmacht hat sie wieder abziehen lassen. Dieser ungeheure Vorgang wird bei uns in Politik und Öffentlichkeit bis heute totgeschwiegen. Vor diesem Hintergrund muss die kompromisslose Kriegsbereitschaft der Europäer um die Ukraine nachhaltig hinterfragt werden. Wieder ist man unter dem Banner von Moral und Recht der westlichen Führungsmacht USA in einen Krieg gefolgt. Dieses Mal blutet man nicht selbst, sondern lässt andere bluten. Bei den Interessen schaut man bei uns geflissentlich weg. Das nenne ich verlogen. Donald Trump hat sie jetzt gezwungen hinzuschauen und damit die Chance eröffnet, den Krieg zu beenden.

Die Ukraine - Es war kein Überfall

Nun ist das Eingeständnis, dass der Krieg wegen Interessen geführt wurde, eine Haltung, die einem „Gerechten“ fremd ist. Um der Moral und des Rechts wegen wollen die Europäer, dass die Ukrainer diesen Krieg bis zum Sieg weiterführen. Sie gehen noch weiter und erklären Russland als das Böse schlechthin und betreiben eine Milliarden teure Aufrüstung, um die vermeintliche Bedrohung für Europa in Schach zu halten. Was nicht gesehen wird (nicht gesehen werden will) ist, dass Herr Putin für russische Interessen steht, genauso wie die USA für ihre. Erstere werden in der öffentlichen Diskussion als Ausrede hingestellt, um den Angriffskrieg gegen einen friedlichen Nachbarn zu rechtfertigen. Man unterstellt, dass der russische Einmarsch in die Ukraine ein Überfall war, der zum Ziel hatte, das Land einem russischen Imperium einzuverleiben. Die Fakten widersprechen dieser Ansicht. Die Ukraine und der Westen wussten, was Russlands Reaktion sein würde, als die Verhandlungen vor dem Krieg gescheitert waren. Die Definition für „Überfall“ straft sie Lügen. Im Lexikon des Online Juraforum heißt es zum militärischen Überfall:

Im Militärwesen bezieht sich der Begriff "Überfall" auf ein Unternehmen gegen einen unvorbereiteten Gegner. In solchen Fällen erfolgt die militärische Aktion überraschend, um einen strategischen oder taktischen Vorteil gegenüber dem Gegner zu erlangen. Dabei kann es sich beispielsweise um eine plötzliche Invasion oder einen Angriff handeln.

Die Ukrainer und der Westen wussten, dass Putin militärisch reagieren würde, nachdem man russische Sicherheitsinteressen bei den Verhandlungen vor dem Krieg ignoriert hatte. Die perfekte Aufklärung der Amerikaner, nicht zuletzt durch ihre Weltraumfähigkeiten, hatte den Aufmarsch der russischen Streitkräfte minutiös verfolgt und treffend analysiert. Für eine Eroberung der Ukraine reichten die Kräfte nicht aus. Wie man ein Land erobert, hatten die Amerikaner im Irak vorgeführt. Die Russen hätten die militärischen Fähigkeiten gehabt, es genauso zu tun. Ihr Aufmarsch und die folgenden begrenzten Operationen bestätigten das politische Ziel Putins, den NATO-Beitritt der Ukraine zu verhindern. Um Verhandlungen zu erzwingen, wollte er die Macht Selenskys an ihrem Schwerpunkt aushebeln. Es galt, die ukrainische Armee zu stellen und ausschalten. Dass die russischen Operationen in einem blutigen Abnutzungskrieg einmünden würden, war nicht geplant. Die massive Hilfe des Westens und die Resilienz der Ukrainer hatten einen schnellen Erfolg verhindert.

Moral und Recht - Was mich denken und handeln lässt

US-Präsident Trump hat jetzt einen Weg aus dem Krieg aufgezeigt. Der ist Interessen getrieben, wen wundert es. Sind damit Moral und Recht auf der Strecke geblieben? – Als Grund, Krieg zu führen, hoffentlich! - Für den Frieden auf der Welt sind sie dennoch unerlässlich. Die Staatengemeinschaft braucht sie, um zu verhindern, dass wegen Interessen Krieg geführt wird. Das geschieht nicht dadurch, dass man die Einhaltung vom anderen fordert, sondern dadurch, dass man sich vor Allem selbst daranhält. Damit wären für mich Grundvoraussetzungen für einen ehrlichen Interessenausgleich gegeben. Das Predigen würde überflüssig werden, und die Verlogenheit hätte ein Ende. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Schwarz-rotes Sondierungspapier: Aufrüstung, Subventionen aller Art für die Unternehmen und soziale Kälte

Das Sondierungspapier der CDU/CSU und SPD deutet die gesellschaftliche Eiszeit an, die auf uns zukommt. Darüber, dass festgelegt wird, dass unbegrenzt Schulden für die weitere Aufrüstung aufgenommen werden sollen, haben wir bereits berichtet; auch darüber, dass die Schuldenaufnahme in Höhe von 400 Mrd. € für das Sondervermögen Infrastruktur keineswegs bedeutet, dass mehr in die verlotterte Infrastruktur investiert werden soll.

Die Industrieförderung besteht darin, den Konzernen Subventionen zuzuschustern und das unternehmerische Risiko durch den Staat abzunehmen. Energieintensiven Branchen soll der Strompreis verbilligt werden, es sollen wieder neue Gaskraftwerke gebaut werden (20 GW), wobei abzuwarten bleibt, was mit der Überarbeitung der Kraftwerksstrategie alles so gemeint ist. Milliarden an Steuergeldern sollen der Industrie über das European Chips Act und IPCEI-Projekte gegeben werden.

Gleichzeitig wird versprochen, die breite Mittelschicht durch eine Einkommensteuerreform zu entlasten und die Pendlerpauschale erhöhen. Unternehmen sollen durch eine Unternehmenssteuerreform auch weniger Steuern zahlen

Wo soll das Geld herkommen? Von den Arbeitern. Diese sollen am Tag länger arbeiten und flexibel einsetzbar sein, sie sollen am Lebensende länger arbeiten. Und vor allem sollen sie gezwungen werden, jeden Job anzunehmen. Dazu wird das Bürgergeld mal wieder umbenannt und so gestaltet werden, dass es keine soziale Sicherheit mehr bietet. Das Sanktionssystem soll wieder ausgebaut werden. Auch wenn es verklausuliert wie eine Reform ausgedrückt wird, so sprechen es die CDU-Vertreter in den Fernsehinterviews offen aus: das Bürgergeld soll abgeschafft werden.

Die sozialpolitische Wohltat der Mütterrente soll von den Rentenbeitragszahlern finanziert werden. Nur die Einbeziehung von neuen Selbständigen in die Rentenversicherung ist eine kleine vernünftige Sache. Der Wohnungsbau soll wieder nur durch Subventionen an die Konzerne gefördert werden. Ein echter Sozialer Wohnungsbau durch den Staat findet weiterhin nicht statt.

Klimaschutz wird zwar wortreich beschworen, aber praktisch vereinbart wird der Schutz des Verbrennermotors. Energiepolitisch werden zwei tote Pferde geritten: der Fusionsreaktor und das Wasserstoffnetz.

Beschworen wird die Entbürokratisierung - ein Stichwort, bei dem jeder immer gern mitgeht. Aber praktisch meinen die zukünftigen Regierenden damit den Abbau von Schutzrechten aller Art.

Ach ja: Unter dem Stichwort "Desinformation zurückdrängen" soll der Digital Service Act (DSA) umgesetzt werden, der die Internetfirmen verpflichten soll, eine Zensur auf privatrechtlicher Ebene durchzuführen.

Noch mal ach ja: Näheres zum Thema Migrationspolitik der zukünftigen Koalitionäre erfahren Sie bei der AFD.

Fazit: CDU/CSU und SPD haben sich gedacht, das was Trump in großer Macho-Pose in den USA durchsetzt, können wir mit europäischem Demokratiegeschwafel auch hier mal langsam angehen. [jdm]

CDU/SPD/Grüne planen Grundgesetzänderung für unbegrenzte Aufrüstung, aber Investitionen auf Sparflamme

Die Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne sprechen derzeit darüber, gegen jede demokratische Spielregel in Rekordtempo den bereits abgewählten Bundestag über Verfassungsänderungen abstimmen zu lassen. Die Verfassung, die durch die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat vor kurzfristigen tagesaktuellen Änderungswünschen geschützt ist, soll eine dauerhafte Grundlage für unser Gemeinwesen darstellen.

Die CDU/SPD/Grünen pfeifen darauf. Sie verkaufen ihre Verfassungsänderungen als nötig, um angeblich Geld für die deutsche Infrastruktur zu mobilisieren. Aber genau darum geht es nicht; das ist nur ein Feigenblatt, das den wahren Grund verstecken soll.

Die Schuldenbremse, die die Neuverschuldung des Staates verhindern soll, wird nämlich nicht abgeschafft. Es wird nur in das Grundgesetz hineingeschrieben, dass für die Rüstung unbegrenzt Schulden gemacht werden dürfen.

Das Sondervermögen für die Infrastruktur soll als einmalige Sache im Grundgesetz verankert werden. Die Schuldenbremse soll aber erhalten bleiben. Bei 400 Mrd. €, die in 10 Jahren ausgegeben werden sollen, sieht die Sache mit 40 Mrd. € pro Jahr schon gar nicht mehr so pompös aus. Der Bundeshaushalt enthält sowieso normalerweise ca. 70 Mrd. € für Investitionen. Möglicherweise plant die CDU mit diesem Coup nicht die Investitionen zu steigern, sondern unter Verweis auf das Sondervermögen zu senken.

Wer also dem Sondervermögen Infrastruktur zustimmt und von Brücken träumt, die repariert werden, wird vielleicht enttäuscht, weil die CDU plant, viel weniger zu investieren. Es gibt in den Absprachen der Kriegsparteien keine Hinweise darauf, dass dies nicht passieren kann.

Mit Zweidrittel-Mehrheit will also der alte abgewählte Bundestag dem neuen Bundestag Ketten anlegen, wie er in den nächsten Jahren haushalten soll:  Das Geld des Staates und damit der Bürger – die Milliardäre zahlen ja keine Steuern – soll unbegrenzt für Waffen ausgegeben werden. Aber Geld für Schulen, Straßen oder Krankenhäuser wird unter Verweis auf die Schuldenbremse und das Sondervermögen Infrastruktur nicht bereit gestellt.

Die wahnwitzige Aufrüstung ist übrigens keine Investition im volkswirtschaftlichen Sinn, sondern volkswirtschaftlich so sinnvoll, als wenn der Staat das ganze Geld in Luxusyachten investieren würde. Aber die hohe Kreditaufnahme wird eine Erhöhung des Zinsniveaus nach sich ziehen. Und damit vermutlich das Aus für viele Menschen bedeuten, die davon träumen, ein eigenes Haus zu bauen.

Die AFD und die Linken prüfen aus völlig unterschiedlichen Gründen Klagen gegen das undemokratische Vorgehen von CDU/SPD/Grüne. Aber bis darüber entschieden wurde, sind vermutlich längst die Fakten geschaffen worden.

Die derzeitigen Töne aus den Kriegsparteien, dass aus ihren Reihen die Zustimmung zu diesem Vorgehen fehlen könnte, sind reine Show. Einige glauben wohl tatsächlich, es sei z. B. für die Länder etwas zu gewinnen; doch den meisten Politikern der Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne geht es nur um etwas Theaterdonner.

Für die SPD, deren Mitglieder an der Basis immer noch auf das sozialpolitische Gewissen der „Arbeiterpartei“ vertrauen, wird es in der neuen Koalition nichts mehr geben, was sie gestalten könnte. Mit den beiden Klauseln (Verschuldung nur für Aufrüstung und Sondervermögen Infrastruktur) hat sie der CDU alle Macht gegeben, ihre neoliberale Zerstörungspolitik à la Milei und Trump durchzuziehen. [jdm]

Ein europäisches Märchen – Sieben auf einen Streich – Wenn die Klugschnacker in der Verteidigungspolitik Primaten wären …

… dann würden sie wissen, dass sie kämpfen müssten, wenn Drohen keine Wirkung zeigt. Genau das tun Gorillas. Wenn eine fremde Sippe ihnen ihre Futtergründe oder Weibchen streitig macht, richten sich die Männchen der heimischen Sippe auf und trommeln mit den Fäusten auf die Brust. Sie drohen. Wagt es nicht, sonst gibt es blutige Köpfe.

In zwischenstaatlichen Beziehungen nennt man das Abschreckung. Genau die predigen gerade Klugschnacker wie Herr Merz, Frau von der Leyen und so mancher Chefredakteur der Mainstream-Medien. Sogar Generäle sind dabei. Es scheinen dieselben zu sein, die Politiker und Journalisten beraten. Eigentlich sollte ein Militär es besser wissen. Noch mehr Milliarden für den Verteidigungshaushalt, noch mehr Soldaten, noch mehr von den besten Panzern und noch mehr von den besten Kampfflugzeugen, für die Rüstungsindustrie und die Bundeswehr würden goldene Zeiten anbrechen. Sicherheit und Frieden werden sie uns nicht bringen. Eher das Gegenteil.

Wer glaubhaft abschrecken will, muss nämlich auch bereit und fähig sein, den Krieg zu führen. Primaten wie Gorillas sind bereit dazu. Am Ende ihres Revierkampfes gibt es einen Sieger und ein paar tote Tiere. Ein Krieg in Europa würde Länder verwüsten, Millionen von Opfer fordern und im schlimmsten Fall sogar den Untergang der Menschheit zur Folge haben. Wären die Klugschnacker der Abschreckung bei uns bereit, diesen Preis zu zahlen? – Ich mache es ein bisschen billiger. Nehmen wir einmal an, dass die Abschreckung, was den Einsatz von Nuklearwaffen angeht, funktioniert. Wäre NATO-Europa, mit oder ohne die USA, bereit und fähig, einen großen konventionellen Krieg in Europa zu führen? -

Stell dir vor, es wäre Krieg
Eine Panzer-Division (15 000 Soldaten) benötigt im Einsatz pro Tag ca. 4500 Tonnen Verbrauchsgüter (Treibstoff, Munition und Wasser). Die Bereitstellung, das heißt Heranschaffung und Lagerung in Depots sowie der Transport zu den Verbänden im Kampfeinsatz müsste im 24/7 Takt sichergestellt sein. Die Transportmittel wären Güterzüge der Deutschen Bahn und LKW. Geht man von einem maximal Bruttogewicht eines Güterzuges von 1600 Tonnen aus (Quelle: Forschungs-Informations-System) und stellt in Rechnung, dass in Mitteleuropa auf NATO-Seite ca. 30 Divisionen (450 000 Soldaten) im Einsatz sein werden, wird sehr schnell klar, dass schon ohne gezielte Luftangriffe des Gegners die Deutsche Bahn an ihre Grenzen kommt. Der Straßentransport per LKW würde sehr schnell durch Millionen von Privat-PKW behindert werden, in denen sich die Bevölkerung aus den Kriegsgebieten (Polen, Baltische Staaten, Tschechien, Slowakei, Ungarn) in Sicherheit bringen will. Das zu erwartende Verkehrschaos wäre weder vom Militär und schon gar nicht von der Polizei zu beherrschen.

Hinzu kämen kollaterale Waffenwirkungen, die vor allen Dingen die Zivilbevölkerung treffen würde. Deren Opferzahlen würden in die Hunderttausende gehen, sollte eine Seite taktische Nuklearwaffen einsetzen. Das zivile Rettungs- und Krankenhaussystem, das schon in Friedenszeiten an seine Grenzen kommt, würde zusammenbrechen. Um solchen Kriegsszenarien Rechnung zu tragen, haben Länder sogenannte „Total Defense Concepts“ geschaffen. Bei uns in Deutschland heißt es „Gesamtverteidigung“. In ihr sind alle militärischen und zivilen Verteidigungs-Maßnahmen integriert - zumindest auf dem Papier. Es werden zwar regelmäßig Übungen durchgeführt, in denen zivile und militärische Stäbe Kommunikationsverfahren und Zusammenarbeit praktizieren. Das Chaos und die Not einer realen Kriegswelt reduzieren sich jedoch auf Lagebeschreibungen im Übungsordner. Reaktionen werden „gespielt“. In der tatsächlichen Welt wird nicht gehandelt. –

Bedrohungen - gefährlich und irrational
Man muss davon ausgehen, dass die verantwortlichen Politiker, Militärs und Experten der europäischen NATO-Länder das alles wissen. Trotzdem beharren sie darauf, dass Russland für Europa als Bedrohung anzusehen ist und setzen auf die Abschreckungskarte. Damit machen sie Krieg zur Bedrohung. Wie gefährlich und irrational ist das?! - Sie halten die von US-Präsident Trump eingeleitete Russland-Politik für gefährlich und irrational.

Der übernimmt jetzt die Argumentation von Herrn Putin von vor dem Krieg. Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine verletzt vitale Sicherheitsinteressen Russlands. Nimmt man die Geschichte der NATO hinzu, die einmal als westliches Militärbündnis gegen Russland gegründet wurde und sich nach Ende der Ost-West-Konfrontation immer weiter nach Osten Richtung russische Grenze ausgedehnt hat, dann ist die russische Befindlichkeit auf Bestrebungen des Westens, die Ukraine in die NATO zu holen, überhaupt nicht irrational. Da fragt sich, welche Haltung gefährlich und irrational ist. Russland als Bedrohung für Europa hinzustellen und massiv aufzurüsten oder Russlands Sicherheitsinteressen zu respektieren?

Die Bedrohungsversion beinhaltet Krieg als Option und schließt gute Nachbarschaft und Handel aus. Das Berücksichtigen von Sicherheitsinteressen Russlands würde eine Sicherheitsarchitektur mit den NATO-Staaten möglich machen und könnte in der Folge den Handel mit Europa wieder in Gang bringen. Nutznießer wären vor Allem die Staaten Osteuropas, allen voran die Ukraine. Wenn die Europäer das begriffen, das Märchen vom tapferen Schneiderlein würde neu erzählt werden.

Sieben auf einen Streich
Der Krieg in der Ukraine könnte einvernehmlich beendet werden. Die Bedrohung durch Russland wäre verschwunden. Man bräuchten nicht zu rüsten. Ein großer Krieg in Europa wäre abgewendet, Die atlantische Harmonie wäre um eine kontinentale erweitert. Die Einflussnahme auf US-Präsident Trump wäre möglich. Ein europäisches Märchen könnte wahr werden. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

CDU/Grüne/SPD: Für Rüstungsmilliarden den Wähler austricksen

Die Schuldenbremse, die der Bundestag am 29. Mai 2009 mit Zweidrittelmehrheit in die Verfassung geschrieben hat, war ein Sieg des Neoliberalismus. Gerade waren die Banken nach der Weltfinanzkrise von 2007–2008 mit Hunderten von Milliarden Euro vom Staat gerettet worden. Die Schuldenbremse sollte verhindern, dass eventuell auch die Arbeiterklasse auf die Idee kommen könnte, der Staat könne sich mal für bessere Schulen, bessere Infrastruktur oder soziale Sicherheit oder Wohnungen verschulden.

CDU und FDP als Haupttreiber dieser Entwicklung beharren auf der Schuldenbremse, weil sie Ansprüche der Bürger immer noch abwehren wollen. Jetzt aber möchten die Europäer den Befehlen der USA gehorchen, noch mehr für die Rüstung auszugeben, wobei bis zu 6% des Bruttosozialproduktes im Gespräch sind. Von den Rüstungsausgaben Europas profitiert vor allem die US-Rüstungsindustrie, aber auch die deutsche, wie Rheinmetall, das ein Allzeithoch an der Börse zu verzeichnen hat. Frankreich wirbt dafür, eine europäische Atomstreitmacht aufzubauen.

Kein Mensch glaubt ernstlich, dass Russland die Nato angreifen würde. Russland ist nicht in der Lage, die Ukraine zu „besiegen“, warum also sollte das Land auf die Idee kommen, die Nato anzugreifen. Erklärtes Ziel des Angriffs auf die Ukraine war es immer, sich die Nato vom Leib zu halten. Aber Rüstungsmilliarden versprechen einfach Superprofite, die nirgendwo anders realisiert werden können.

Bei der Aufrüstung fällt den Kriegstreibern von der  CDU/SPD/Grünen ihr neoliberales Credo zur Schuldenbremse auf die Füße. Die CDU möchte am liebsten einfach ein neues Sondervermögen – also ein ausgelagertes Schuldenkonto – auflegen, das nur für die Rüstung verwendet wird. Grüne und SPD haben die Nase voll davon, immer wieder mit den Gesetzen zu jonglieren und möchten die Schuldenbremse teilweise aufheben. Die Bundesbank soll dafür Vorschläge machen.

Weil im neuen Bundestag keine verfassungsändernde Mehrheit mehr durch die Kriegsparteien vorhanden ist, planen die Kriegsparteien einen gesetzlich zwar möglichen, aber gegen den Geist der Demokratie verstoßenden Coup. Sie wollen mit der Zweidrittelmehrheit des alten Bundestags, der sich eigentlich schon in der Auflösung befindet, die Verfassung für ihre Form der Staatsverschuldung für die Rüstung ändern.

Und weil sie schon mal dabei sind, sollen die neuen Schulden für die Aufrüstung 400 Mrd. € betragen. Zur Gesichtswahrung wird auch über ein „Sondervermögen“ für die Infrastruktur in etwa gleicher Höhe gesprochen.

Die Linken haben angekündigt, dass sie kein zusätzliches Sondervermögen für die Bundeswehr, möglicherweise aber eine Lockerung der Schuldenbremse für Investitionen mittragen wollen. Damit signalisieren sie, dass auch im neuen Bundestag eine Änderung der Schuldenbremse möglich ist. Da die CDU und die Grünen sich vor allem für die Beschaffung von Waffen interessieren, könnte es spannend werden, ob die Linken bei ihrer Ablehnung weiterer Rüstungsmilliarden bleiben oder mit der Begründung, Geld für Investitionen locker zu machen, kompromisslerisch bei einem Rüstungsdeal mitmachen. [jdm]